Lüneburg. Unternehmerinnen nehmen gegenseitig ihre Produkte ins Sortiment auf. Mit Kooperation wollen sie lokalen Einzelhandel stärken.

Es sind die kleinen Läden mit ihren eigenen Konzepten, die eine Stadt zu einer besonderen Einkaufsstadt machen. Um sich und ihr Angebot besser sichtbar zu machen, haben einige Lüneburger Ladeninhaberinnen ihren Austausch untereinander verstärkt. Nicht nur inhaltlich, sondern vor allem auch mit ihren Produkten. Diese finden sich häufig nicht nur im eigenen Laden, sondern auch bei den kooperierenden Geschäften. Für die Vorweihnachtszeit haben fünf Läden gemeinsam einen lokalen Adventskalender mit einer Auswahl ihrer Produkte zusammengestellt.

„Uns ist es zum einen wichtig, den lokalen Handel zu stärken und attraktiver zu machen“, sagt Sabine Zaeske, die gemeinsam mit Hannah Slomka den Laden Samowar Tea & Records an der Straße Am Berge betreibt. In dem schmalen Räumen, die sich durch das Erdgeschoss eines Altstadthäuschens ziehen, stapeln sich an einer Wand die Teedosen bis unter die Decke, die Sorten heißen Quelle des Glücks, Wolkenschieber oder Frische Brise.

Lüneburger Ladeninhaberinnen können Geschichten zu ihren Produkten erzählen

Eine weitere Wand ist mit diversen Sorten Schwarztee bestückt, die übrigen Regale sind mit Geschirr, Weinflaschen, Seifen, Schmuck, Schallplatten, Kochbüchern und Textilien mit handgezeichneten Tiermotiven befüllt. Mehrere Mitarbeiterinnen füllen Tee ab, bereiten Frühstück vor und beraten Kunden.

Die Stärkung der kleinen, inhabergeführten Geschäfte sei insbesondere deshalb wichtig, weil sich das Kaufverhalten der Menschen eher zum anonymen Onlineshopping hin entwickle, sagt Sabine Zaeske. „Wir wollen zu den Produkten, die sich im Sortiment befinden, auch eine Geschichte erzählen können und mit gutem Gewissen dazu stehen, was wir verkaufen.“ So gibt es in ihrem Laden, zu dem ein kleines Café und auch ein Onlineshop gehört, insbesondere regionale, saisonale und Bioprodukte.

Im Teeladen Samowar gibt es auch Papierkunst, Gebäck und Kosmetik aus Lüneburger Geschäften

Zum lokalen Sortiment bei Samowar zählen Naturkosmetik vom nahe gelegenen Laden Pure Schönheit, Postkarten der Lüneburgerinnen Sarah Opitz und Johanna Christlieb, die ihre Papierkunst als Karlmanfred verkauft, sowie Leckereien von Sööt un Soltig. Außerdem kooperieren die Unternehmerinnen eng mit dem Quiddje in Wilhelmsburg sowie dem Deck 2 in Buxtehude und beteiligen sich mit einem British Tea Tasting an der Lüneburger Genusstour.

Den Austausch mit anderen Geschäftsinhaberinnen hält Sabine Zaeske noch aus einem weiteren Grund für unerlässlich. „Wir profitieren von dem Wissen und den Erfahrungen der anderen, sodass wir zusammen viel spannendere Projekte gestalten können – mal davon abgesehen, dass es auch viel mehr Spaß macht als sich allein ‘durchzuschlagen’. Wir können zusammen ein viel breiteres Publikum erreichen und inspirieren uns gegenseitig.“ Davon profitierten auch die Kunden und Kundinnen, die regional-individuelle Produkte und gute Beratung erhielten, wie es beim reinen Onlineshopping nicht möglich wäre.

Kleine Einzelhändler wollen sich mit guter Beratung und Besonderheiten von großen Online-Händler abheben

Mit guter Beratung, gründlicher Auswahl und liebevoller Verpackung will sich auch Renée Dittrich von den großen Onlinehändlern abheben. Sie verkauft in ihrem an derselben Straße gelegenen Laden Pure Schönheit nicht nur Naturkosmetik, wie ein Malvenblüten Schaumbad oder die Weihnachtsseife Rauschebart. Es gibt bei ihr auch Karten von Karlmanfred sowie Kerzen und Raumsprays der Geruchsmanufaktur, einem jüngst gegründeten Schüler-Start-up.

In Zusammenarbeit mit ihren Nachbarinnen von Samowar verkauft die Händlerin zudem Geschenkboxen mit Tee und Kosmetik befüllt – mit Namen wie „Heideblüten“-, „Zimtapfel“- oder „Männer“-Box. Solche Kooperationen haben aus ihrer Sicht viele Vorteile. „Wir unterstützen uns gegenseitig, tauschen uns aus und lernen voneinander. Und das macht dann auch noch Spaß.“

Viele Kunden sind an regionalen und lokalen Produkten interessiert

Wenn sie ihren Kunden weitere passende Produkte anbiete, mache dies ihr Sortiment attraktiver, sagt Renée Dittrich, die rund 20 Jahre im Versandhandel tätig war, bevor sie sich selbstständig machte. „Regionale und lokale Produktangebote sind aus Kundensicht positiv besetzt.“ Ihr Geschäft profitiere dabei auch von der Beratungskompetenz der kooperierenden Fachgeschäfte.

Antje Blumenbach, Inhaberin der Provinzperle, einem Weinconcept Store in Lüneburg
Antje Blumenbach, Inhaberin der Provinzperle, einem Weinconcept Store in Lüneburg © Provinzperle | Lea Dietrichs

Auf der anderen Seite der Innenstadt liegt an der Salzstraße die Provinzperle. In den Weinconcept Store, wie Antje Blumenbach ihren Laden beschreibt, gibt es natürlich überwiegend Wein. Im Sortiment sind aber auch andere passende Produkte, wie die Winzerknacker der lokalen Edel-Fleischerei Beef & Basics und Produkte von Birgit Horn. Die Künstlerin aus Lüdershausen gestaltet aus alten Möbelteilen neue Kerzenständer oder Notizhalter.

Von dem Austausch profitieren die Unternehmerinnen und ihre Kunden

Antje Blumenbach setzt schon länger auf regionale Produkte. „Das ist ein Herzensthema für mich. Und es trifft den Nerv der Zeit. Die Leute wollen wissen, woher die Dinge kommen, und die Läden vor Ort unterstützen.“ Dennoch sei ein zusätzlicher Onlineshop wichtig, viele Kunden informierten sich zuerst im Netz und kämen dann in den Laden, um die ausgewählten Dinge zu kaufen. Im kulinarischen Bereich könne sie alles mit lokalen Produkten abdecken, sagt die Unternehmerin. Auch beim Wein verzichte sie auf weit gereiste Importe. Natürlich sei das teilweise teurer. „Aber ich denke immer: Lasst die Kohle doch hier, wo wir leben.“

Melanie Follmer betreibt einige Schritt weiter an der Oberen Schrangenstraße den Laden 3punktf. Hier verkauft sie handgetöpfertes Geschirr aus ihrer Bardowicker Werkstatt. Zudem hat sie weitere lokale Produkte im Angebot, wie Tischdecken und Handtücher der Siebdruckdesignerin Birgit Morgenstern und Gemälde der Künstlerin Kerstin Voss. Mit ihrem Keramikgeschirr wiederum ist das nahe gelegene Café der Lüneburger Boutique Dreiteiler ausgestattet. Der Zusammenhalt und der Austausch mit anderen Händlern sei schön und wichtig, sagt die Designerin, die viele Jahre in der Modebranche gearbeitet hat. „Ich bin nicht so gern Einzelkämpferin.“ Darüber hinaus hat auch sie bei ihren Kunden einen großen Wunsch nach Regionalität und Nachhaltigkeit beobachtet.

Die Corona-Pandemie hat den Zusammenhalt gestärkt, jetzt soll er fortbestehen

Als sehr positiv empfindet auch die Konditorin Davina Dähn den kooperativen Austausch mit Gleichgesinnten, den sie vor allem in den vergangenen Monaten als sehr intensiv erlebt hat. „Dieser Zusammenhalt sollte unbedingt auch nach der Corona-Pandemie fortbestehen.“ Sie hat vor Kurzem das Ladencafé Sööt un Soltig eröffnet, in dem sie auch Backkurse anbietet. In den Räumen an der Straße Am Springintgut gibt es besondere Törtchen, Macarons, salziges und süßes Gebäck sowie andere feine Köstlichkeiten. Daneben hat Davina Dähn bewusst einige Regale für Produkte von anderen Lüneburger Händlern frei gehalten. Hier gibt es zum Beispiel Keramik, Kunst, Kaffee und Tee, die Auswahl wechselt regelmäßig.

Konditorin Davina Dähn in ihrem Laden mit Café „Sööt un Soltig“ in Lüneburg.
Konditorin Davina Dähn in ihrem Laden mit Café „Sööt un Soltig“ in Lüneburg. © Hansestadt Lüneburg | Hansestadt Lüneburg

In der Provinzperle sollte in diesen Tagen eigentlich ein kleiner Weihnachtsmarkt beginnen, er musste kurz zuvor abgesagt werden. Doch Inhaberin Antje Blumenbach, die im Hauptgeschäft einen Cateringbetrieb betreibt, ist durch die Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre bereits erprobt im kurzfristigen Umplanen. Jetzt verkauft sie im Hof des Ladens Tannenbäume, die leicht schief gewachsen sind und sonst aussortiert worden wären, und versorgt ihre Kunden dazu mit passenden Weihnachtsmarkt-Tüten für Zuhause. „Wir müssen alles tun, um die Einkaufsstadt Lüneburg zu erhalten“, sagt die Unternehmerin. „Für mich ist das Kultur und es wäre jammerschade, wenn es verloren ginge.“

Der „Lokalender“ ist mit Wein, Kosmetik, Tee und Postkarten gefüllt

Für die Adventszeit sind die Inhaberinnen der fünf Lüneburger Läden Samowar, Sööt un Soltig, Provinzperle, Karlmanfred sowie Pure Schönheit eine besondere Kooperation eingegangen: Sie haben gemeinsam einen Adventskalender kreiert, den „Lokalender“.

Die 24 Papiertüten sind mit Produkten aus den teilnehmenden Geschäften gefüllt, unter anderem mit Wein, Tee, Naturkosmetik, Postkarten, feinen Leckereien und weihnachtlicher Dekoration. Der „Lokalender“ kostet 125 Euro. Er ist in allen teilnehmende Läden sowie den jeweils dazugehörigen Online-Shops erhältlich.