Winsen. Sehr hohe Infektionszahlen im Vergleich zum Landes- und Bundesdurchschnitt. Das hat Folgen für Schulen, Kitas und Krankenhäuser.
1262,3 Dienstag, 1301,9 Mittwoch und 1415,1 Donnerstag: Mit diesen Werten liegt die Stadt Winsen landesweit vorn. Eine Spitzenposition, die keiner anstrebt. Denn es handelt sich um die Corona-Inzidenz der vergangenen Tage. Das Virus wütet in der Kreisstadt und das hat Folgen.
Zum Beispiel für das Winsener Gymnasium. Dort hat sich die Lage dramatisch zugespitzt. Von 37 Klassen der Jahrgangsstufen fünf bis elf befinden sich 20 in Quarantäne (Stand 20. Januar). Bei vorigen Wellen habe es immer nur vereinzelte Corona-Fälle gegeben, berichtet Schulleiter Jens Peter auf Abendblatt-Anfrage, Nun sei die Situation wesentlich schlimmer. Wie die Belegschaft reagiere? „Mit trauriger Routine“, sagt er. Auch die Eltern würden es mit Fassung tragen.
Das Gesundheitsamt sei mittlerweile so stark überlastet, dass die Schule selbst die Eltern benachrichtige, wenn ein Schüler positiv getestet wurde. Wobei es auch im Kollegium sechs bestätigte Corona-Fälle gebe. Auch das Sekretariat ist betroffen. Die Sozialpädagogin habe nun dort Platz genommen. Nach 30 Jahren im Schuldienst könne er mit Sicherheit sagen, dass er ein solches Drama zuvor noch nie erlebt habe. Was zu dieser Situation geführt haben könnte, frage er sich. Ein Grund könnten vielleicht die vielen Reiserückkehrer gewesen sein, überlegt Peter.
26 Mitarbeiter im Winsener Krankenhaus nicht arbeitsfähig
In der Winsener Klinikküche war die Hälfte der Mitarbeiter auf einen Schlag weg. Vier von acht Angestellten mussten aufgrund einer Corona-Infektion am Dienstag in Quarantäne. Zwar handelt es sich in diesem Fall nicht um die Intensivstation und doch muss die Essensversorgung der Patienten sichergestellt sein. Derzeit sind 26 Mitarbeiter aufgrund einer Coronainfektion in Quarantäne. Zum Vergleich: Im Buchholzer Krankenhaus sind es neun. „Die größte Belastung besteht jetzt darin, dass Mitarbeiter krankheitsbedingt ausfallen“, berichtet Christian Pott als Ärztlicher Direktor der Krankenhäuser des Landkreises in Winsen und Buchholz.
Die Zahl der Corona-Infizierten vor allem mit schwerem Krankheitsverlauf halte sich noch in Grenzen. Aber: Ja, die steigenden Fallzahlen spiegeln sich auch in einem vermehrten Aufkommen von erkrankten Patienten wider. „Es gibt jetzt zunehmend mehr corona-positive Patienten, aber nicht so viele wie 2020 oder wie es die hohen Inzidenzen vermuten ließen.“
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Im Winsener Krankenhaus würden derzeit fünf Corona-Patienten auf der Infektions- und einer auf der Intensivstation versorgt. In Buchholz seien es mit sechs Corona-Patienten auf der Infektions- und zwei auf der Intensivstation etwas mehr. Jeder Corona-Patient wäre vom Arbeitsaufwand für das Personal mit zwei normalen Patienten vergleichbar, so Pott. „Das müssen wir kompensieren.“ In Buchholz wurde die Zahl der operativen Eingriffe, die sich verschieben lassen, jetzt um 20 Prozent verringert. Pott erwartet steigende Fallzahlen und mehr Patienten. Ob sich angesichts steigender Infektionszahlen auch die Besucherregeln ändern, so wie im Lüneburger Krankenhaus? „Wir halten es für eine besondere Härte, keinen Besuch zu zulassen“, sagt Pott. Allerdings würde diese Regel ständig überprüft.
Im Rathaus gelten vergleichsweise kulante Besuchsregeln
Auch im Winsener Rathaus sind die Regeln vergleichsweise noch kulant. Hier gilt für Besucher 3G und FFP-2-Maskenpflicht. „An dieser Regelung soll zumindest vorerst festgehalten werden“, sagt Theo Peters, Pressesprecher der Stadt Winsen. Die Verwaltung bittet darum, Besuche möglichst zu vermeiden oder zumindest anzukündigen.
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Auch die Verwaltung ist von Corona-Infektionen betroffen. Aktuell seien sechs Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus verschiedenen Aufgabenbereichen in häuslicher Isolation. Weitere sieben warten Zuhause auf ihr PCR-Test-Ergebnis oder befänden sich als Kontaktperson in Quarantäne. „Das hat aber noch keinen entscheidenden Einfluss auf die Handlungs- und Arbeitsfähigkeit der Verwaltung“, beruhigt Peters.
Ein spezifischer Grund für hohe Inzidenz ist nicht bekannt
Warum es in der Stadt so viele Infizierte gibt? „Einen Winsen-spezifischen Grund für die hohe Inzidenz in unserer Stadt kennen wir nicht“, sagt der Sprecher. „Offensichtlich liegt es an der Virus-Variante Omikron, die leicht übertragbar ist und alle Lebensbereiche betrifft, nicht zuletzt auch Schulen und Kindertagesstätten“, sagt Peters.
In der DRK-Kita Eckermannstraße sei es noch halbwegs entspannt, berichtet Leiterin Manuela Damro. Aber eine gewisse Aufregung im Team sei spürbar. Eine Gruppe ist in Quarantäne. In einer anderen habe es Anfang der Woche einen positiven Fall gegeben und die Eltern hätten ihre Kinder freiwillig nach Hause geholt. „Die Eltern machen mit, suchen nach Lösungen“, beschreibt Damro die Situation. Die Vorsicht, die in der Kita herrsche – Eltern werden beispielsweise direkt an der Tür in Empfang genommen, Gruppen voneinander getrennt betreut – habe sich bisher bezahlt gemacht. In 2021 musste die Einrichtung kein einziges Mal schließen. Dennoch sei die Belastung für das Team groß.
Leitung überlegt, nur Kinder von Berufstätigen zu betreuen
In einer anderen Winsener Kita sieht die Situation brenzliger aus. Die Leitung, die nicht namentlich genannt werden möchte, berichtet, dass der gesamte Elementarbereich und zwei Krippengruppen in Quarantäne sind. „Am Anfang gab es einen Fall, dann wurden es immer mehr und mehr.“ Wenn in der kommenden Woche einzelne Gruppen wiederkommen sollten, fehle ein Drittel der Mitarbeiter. Jetzt werde überlegt, ob nur die Kinder von Berufstätigen betreut werden. „Aus meiner Sicht wäre es besser, die Kitas und Schulen drei Wochen lang zu schließen, um das gegenseitige Anstecken zu vermeiden“, so die Kita-Leitung.
Nach vielen falschen Ergebnissen wird Testmethode umgestellt
Auch in den Testzentren in Winsen ist die Infektionswelle spürbar. „Seit etwa eineinhalb Wochen bemerken wir, dass mehr Leute in unser Testzentrum kommen“, sagt beispielsweise Timo Reymers. Er leitet das DRK-Testzentrum in Winsen. 100 bis 150 Schnelltests werden hier derzeit durchgeführt, lange nicht so viele wie in jener Zeit, als das DRK das große Testzentrum an der Bleiche betrieb. Doch das wurde mit sinkenden Zahlen wieder abgebaut, so wie das Impfzentrum des Landkreises geschlossen wurde. Aus diesen Zeiten weiß Reymers, dass die Abstriche im hinteren Nasenbereich sichere Testergebnisse brachten. Da es zuletzt zu fehlerhaften Testergebnissen kam, wird das DRK von Montag an auch wieder dieses Verfahren anwenden, wie Reymers erklärt.
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Testen müssen sich auch die Mitglieder des Sportvereins HSV Stöckte. „Wir haben von Anfang an versucht, den Sport in unserem Verein so sicher wie möglich zu machen“, sagt die Vorsitzende Tanja Kürschner. Man halte an der 2G-Plus-Regel fest, obwohl die Corona-Verordnung des Landkreises 2G vorschreibt, solange jedem Sportler zehn Quadratmeter zur Verfügung stehen. Diesen Platz habe man, sagt Kürschner.
Wenig Besucher: Winsener Kino reduziert Öffnungszeiten
Viele Kurse würden zudem online angeboten: Pilates zum Beispiel oder Gymnastik. Wegen der hohen Inzidenz werde Judo nun auch wieder ins Netz verlegt, kündigt Kürschner an. Das Kinderturnen muss pausieren – denn gerade in dieser Altersgruppe seien viele von einer Infektion betroffen. In der ersten Januarwoche bot der Verein für Familien einen Ausgleich: Sie konnten die Sporthalle stundenweise für sich allein buchen, damit sich alle einmal vom Corona-Alltag erholen und austoben können.
Im Winsener Kino CineMotion gilt aktuell die 2G-Regel. Laut einer Mitarbeiterin des Kinos kommen derzeit rund 20 Besucher pro Tag, an Tagen vor Omikron seien es auch mal über 60 gewesen. Das Kino hat seine Öffnungszeiten bereits angepasst: Unter der Woche beginnen die Vorstellungen erst von 16 Uhr an, drei Stunden später als im Normalbetrieb.
Für Gastronomen ist Aufwand aktuell sehr hoch
Und die Gastronomie? Tomas Stana vom „Zum Weißen Roß“ sagt, dass die Lage für ihn abzusehen war. Deswegen habe er sein Restaurant auch direkt nach Heiligabend zugemacht. Bis Ende Januar ist die Innengastronomie geschlossen. Stattdessen gibt es Glühwein und Bratwurst im Außenbereich. Nachdem sich die Laterna Magica Ende 2021 von Winsen verabschiedet hat, wolle er den Menschen in der Stadt immerhin einen Treffpunkt bieten, sagt Stana.
Der Aufwand, die ganze Gaststätte zu betreiben, sei allerdings aktuell zu hoch. Es werde schwer Mitarbeiter zu finden, weil das Trinkgeld ausbleibt. Die Gäste wüssten gar nicht mehr, was erlaubt ist und was nicht. Der Restaurantbetreiber zählt rund 20 Anrufe pro Tag aufgrund von Fragen, welche Regelung denn nun gelte. Der Bereich vor dem Restaurant, auf der Straße, soll bis Ende der Woche verschwinden. „Wir haben aufgrund der sich zuspitzenden Situation viel weniger Publikum als sonst, deshalb reicht der Bereich unter der Markise.“