Papenburg. Die Meyer-Werft kündigte die Überführung erst kurz zuvor an – so sollten Massenansammlungen entlang der Ems vermieden werden.

Der kriselnde Kreuzfahrtschiffbauer Meyer-Werft hat am Sonnabend seinen Neubau "Odyssey of the Seas" auf die Schleppfahrt über die Ems zur Nordsee gebracht. Dafür wurde die Ems von Freitagmittag bis Sonntag aufgestaut, wie die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung mitteilte.

Die Werft kündigte die Überführung erst kurz vorher an: Der Anblick der Ozeanriesen auf der schmalen Ems lockt meist Tausende Schaulustige an – in Corona-Zeiten sollte ein großer Auflauf an den Deichen vermieden werden.

Wenige Schaulustige zugelassen, Polizei sperrt Straßen ab

Das Schiff verließ den Werfthafen am Sonnabendmorgen gegen 4 Uhr – in der Nacht zum Sonntag soll das Ems-Sperrwerk passiert werden. Ziel der "Odyssey" ist zunächst Eemshaven in den Niederlanden. Nicht einmal 50 Schaulustige fanden sich im Morgengrauen an der Werft ein, viele in Fahrzeugen und Campingmobilen. Die Polizei hatte vorsichtshalber die Straßen abgesperrt.

Das Ehepaar Barbara und Reiner Gubba beobachten von ihren Camping-Stühlen aus die Überführung des Kreuzfahrtschiffs.
Das Ehepaar Barbara und Reiner Gubba beobachten von ihren Camping-Stühlen aus die Überführung des Kreuzfahrtschiffs. © dpa/Mohssen Assanimoghaddam | Unbekannt

Die 347 Meter lange "Odyssey of the Seas" wurde für die US-Reederei Royal Caribbean gebaut und soll 4280 Passagiere aufnehmen. Für die Meyer-Werft ist es die erste von zwei Überführungen in diesem Jahr. Wegen des Stillstands der Kreuzfahrtbranche in der Corona-Pandemie hat die Werft ihr Bautempo drosseln müssen. Damit drohen Hunderte Arbeitsplätze verloren zu gehen. Meyer beschäftigte am Standort Papenburg etwa 4500 Menschen.

Lesen Sie auch:

Geschäftsführer: 40 Prozent weniger Arbeit in kommenden Jahren

"Die Überführungsfahrt eines so schönen Schiffes stimmt mich nachdenklich. Durch die Streckung des Auftragsbuches sichern wir langfristig Arbeit, aber auf einem geringeren Niveau jedes Jahr. Für das letzte und auch die nächsten fünf Jahre werden wir jedes Jahr 40 Prozent weniger Arbeit pro Jahr haben", sagte Jan Meyer, Geschäftsführer der Meyer Werft.

"Wir arbeiten hart daran, uns auf diese dramatische Veränderung der Situation einzustellen. Auch wenn einige Kreuzfahrtschiffe bald wieder fahren können, bedeutet das noch lange keine neuen Aufträge", ergänzte Meyer. Die Werft werde für viele Jahre keine neuen Aufträge großer Kreuzfahrtschiffe ihrer bisherigen Großkunden erwarten können.

Laut Betriebsrat plant Werft Streichung von 600 Jobs und weitere Kurzarbeit

Nach Angaben des Betriebsrates will die Geschäftsführung 600 Jobs streichen. Von den übrigen Mitarbeitern verlange die Werft 200 Stunden unbezahlter Arbeit im Jahr, sonst müssten weitere 300 Personen gehen. Der Betriebsrat will dagegen um die Festangestellten kämpfen und fordert eine Reduzierung der Leiharbeit auf der Werft. Beide Seiten sollen sich bis Ende März einigen.

Die Endausrüstung der "Odyssey of the Seas" soll in Bremerhaven stattfinden. Branchenangaben zufolge hat die Meyer-Werft danach noch acht feste Aufträge, die bei zwei Schiffen im Jahr bis 2025 reichen.