Hamburg. Das neue Magazin „Sport in Hamburg“ zeigt Bilder der Sportfotoagentur Witters aus 50 Jahren, die verblüffen und unterhalten.
Wenn Journalisten über ihre Arbeit berichten, hat das immer etwas von „Opa erzählt vom Krieg.“ Da wird Routine in dramatischen Farben ausgemalt, der „Ich war dabei“-Faktor sehr hoch gehängt, auf die Promi-Taste gedrückt.
Fotografen kommen selten zu Wort, außer dass ihre Bilder für sich sprechen. Das Hamburger Abendblatt veröffentlicht an diesem Donnerstag ein Magazin, das den Hamburger Sport mal ganz anders in den Fokus nimmt. Wir zeigen auf 108 Seiten in „Sport in Hamburg“ Fotos aus den vergangenen 50 Jahren, die verblüffen, die unterhalten, die Triumphe und Tragödien sowie Hintergründiges zeigen – und natürlich die kleinen und großen Stars vor und in den Kulissen Hamburgs.
Sportfotoagentur Witters 1968 gegründet
Rund um diese Fotoschätze lesen Sie die großen Hintergrundberichte der Abendblatt-Sportredakteure über die Entwicklung des Sports in Hamburg, die großen Traditionen und die großen Innovationen – und natürlich über die Macher hinter den Kulissen. Da geht es um den HSV ebenso wie den FC St. Pauli, Hockey Rudern und Dressurreiten ebenso wie Beachvolleyball und Triathlon.
Die Bilder entstammen dem aktuellen Portfolio und dem gigantischen Archiv der Sportfotoagentur Witters, die Wilfried Witters 1968 in Alsterdorf gegründet hat und die heute von seiner Tochter Valeria Witters geführt wird.
Es sind Fotos, die oft aktuell geschossen, aber zum Teil nie veröffentlicht wurden. Jubelbilder vom HSV und dem FC St. Pauli aus der Kabine, dem Heiligtum des deutschen Profifußballs. Private Schnappschüsse, die vor Augen führen, wie sich Top-Sportler vor 30, 40, 50 Jahren präsentierten. Bilder, die das Spannungsfeld zeigen zwischen dem Hamburger Stadtbild mit Alster, Elbe, St. Pauli, Elbphilharmonie oder Rathaus und den radelnden, rennenden, rudernden Athleten. Und fast schon Bildikonen: Da geht Uwe Seeler nach seinem letzten Spiel für den HSV ab in die Kabine – und man sieht nur den Rücken eines Fußballspielers mit der Nummer 9. Das reicht als offensichtliche Bildinformation.
Warum Uwe Seeler ein Superstar war
Aber dieses Foto ist tiefgründig. In den 60er-Jahren wurde „Uns Uwe“ ja fast „zu Tode fotografiert“, wie man das nennt, wenn ein Idol in der Öffentlichkeit allgegenwärtig zu sein scheint. Hier ist nur sein Rücken zu sehen. Seeler war der Superstar jener Jahre. Als Hamburger vergisst man schnell, welche Bedeutung er für Fußball-Deutschland hatte: als vorbildlicher Kämpfer, als Ärmel aufkrempelndes Idol, als Wirtschaftswunder-Kicker, als treue Seele, die trotz internationaler Offerten nirgendwo sonst als beim HSV spielen wollte.
Und zu diesen Stars haben Wilfried Witters, seine Tochter und viele Fotografen der Agentur oft einen menschlichen Draht gefunden, der über die professionelle Beziehung hinausging. Willi Witters, der etliche Olympische Spiele und Fußball-Weltmeisterschaften fotografierte, fuhr früher auch mal im Mannschaftsbus des HSV mit. Er war zum Teil „embedded“, wie das heute heißt. Heute undenkbar: Da werden 18 Jahre alte Bundesliga-Rookies von Beratern und Einflüsterern umgeben wie das kleine Taschenlampenlicht von irren Motten. Da beschweren sich abstiegsbedrohte Trainer über das Klicken von Fotokameras, wenn sich ihre „Stars“ auf dem Trainingsplatz nur dehnen.
Die Agentur Witters, die längst international vernetzt ist, hat in 50 Jahren besondere Momente der Hamburger Sportgeschichte abgelichtet, von Tränen am Rothenbaum, feiernden Fußballprofis im Entmüdungbecken, Nahaufnahmen von Stars wie den Klitschko-Brüdern oder den Hockey-Olympiasiegern Christian Blunck und Moritz Fürste.