Hamburg. 29-Jähriger wurde in der Nacht seines Verschwindens gefilmt. Bruder sucht weiter. Antworten auf die wichtigsten Fragen zu den Spuren.

Streift der junge Schotte verwirrt durch die Gegend? Gibt es noch Hoffnung für Liam Colgan? Seine Familie glaubt fest daran, doch seit nunmehr elf Tagen wird der 29-Jährige vermisst. Für die Polizei ist es ein Fall, den es „so noch nie gegeben hat“. Immer wieder gehen Hinweise zu dem Mann ein. Trotzdem bleibt er wie vom Erdboden verschluckt. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.


Wo war der Vermisste vor seinem
Verschwinden?

Er hatte als „Best Man“ (Trauzeuge) mit Freunden den Junggesellenabschied seines Bruders Eamonn gefeiert. Die Gruppe kehrte zuletzt am Sonnabendmorgen im Lokal „Hamborger Veermaster“ auf der Reeperbahn ein. Dort ist er, schwer alkoholisiert, gegen 1.20 Uhr verschwunden.


Seit wann wird nach ihm gesucht?

Der Bruder meldete Liam Colgan am Sonnabend, 10. Februar, um 16.30 Uhr an der Wache 11 auf dem Steindamm als verschwunden. Am Sonntag war er noch einmal gegen 8.30 Uhr an der Wache, weil der 29-Jährige nicht aufgetaucht war. Ab da wurde das Verschwinden des Schotten als Vermisstenfall behandelt. Der Kriminaldauerdienst hat sofort Maßnahmen getroffen und beispielsweise Krankenhäuser abtelefoniert. Bereits am Nachmittag gab es eine erste Suchaktion auf dem Kiez. Am Tag darauf übernahm das LKA 11 an der Caffamacherreihe den Fall.


Wie viele Spuren gibt es?

Es werden bislang 30 Spuren verfolgt. Dabei handelt es sich um Hinweise von Zeugen, aber auch um Aufnahmen aus Überwachungskameras.


Welche ist die „heißeste Spur“?
Es handelt sich um das Video einer Überwachungskamera bei Gruner + Jahr. Es zeigt, wie der Schotte am Tag seines Verschwindens gegen 2.20 Uhr in Richtung Michelwiesen geht.


Wurde er von Zeugen gesehen?

Ja, mehrfach in Buxtehude. Am 14. Fe­bruar wollen drei Verkäuferinnen einer Bäckerei und der Mitarbeiter eines
Tabakwarengeschäfts den Schotten in Buxtehude gesehen haben. Er wirkte offenbar desorientiert.

Ein Spürhund, der dort eingesetzt wurde, nahm eine Fährte auf, die von der Innenstadt zum Bahnhof führte. Am Tag danach will ein Mann den Schotten in Buxtehude auf dem Parkplatz eines Supermarktes gesehen haben. Dort konnte ein Spürhund keine Fährte aufnehmen. Auch am vergangenen Wochenende soll er in Buxtehude gesehen worden sein.

Der Schotte
Liam Colgan (29)
wurde zuletzt
am Sonnabend,
10. Februar,
gegen 1.30 Uhr
gesehen
Der Schotte Liam Colgan (29) wurde zuletzt am Sonnabend, 10. Februar, gegen 1.30 Uhr gesehen © @findliam


Hat die Polizei Überwachungsvideos
aus Buxtehude gesichtet?
Ja, und zwar in großem Umfang. Solche Videos, darunter viele aus dem Bereich Nahverkehr, spielen eine zentrale Rolle bei der Suche. Teilweise sehen sich Angehörige oder Freunde des Vermissten die Aufnahmen ebenfalls an, um ihn besser erkennen zu können. Der 29-Jährige wurde aber auf keinem weiteren Video entdeckt.


Sucht man auch nach „digitalen“
Spuren?

Ja. Über sein Handy kann man ihn nicht orten, weil bereits zum Zeitpunkt seines Verschwindens der Akku leer war. Es wurde auch nicht wieder aufgeladen und angeschaltet. Seine EC- oder Kreditkarten wurden nicht benutzt.


Könnte der 29-Jährige unter Amnesie
leiden und hilflos durch die Gegend irren?
Theoretisch ja. Es wird aber für unwahrscheinlich gehalten. Eine hilflose Person wäre vermutlich aufgefallen und der Polizei gemeldet worden.


Könnte der Mann sich einfach
bewusst abgesetzt haben?

Auch das ist denkbar. Es gibt aber keine Hinweise darauf. Die Polizei hat sehr engen Kontakt zu Angehörigen, die sich in Hamburg aufhalten und spricht, telefoniert oder kommuniziert per E-Mail täglich mehrfach mit ihnen. So haben die Ermittler ein gutes Bild vom Lebensumfeld des Gesuchten. Es gibt aber keine erkennbaren Anzeichen, dass er es verlassen wollte. Zudem hat der 29-Jährige keine bekannten Kontakte in Deutschland, bei denen er Unterschlupf oder Hilfe finden könnte.

Von Edinburgh bis Buxtehude: die Spur von Liam Colgan

Der Flughafen Edinburgh: Hier bestieg Liam Colgan am 9. Februar als Mitglied einer 18-köpfigen Reisegruppe eine Maschine nach Hamburg, um dort den Junggesellenabschied seines Bruders Eamonn zu feiern
Der Flughafen Edinburgh: Hier bestieg Liam Colgan am 9. Februar als Mitglied einer 18-köpfigen Reisegruppe eine Maschine nach Hamburg, um dort den Junggesellenabschied seines Bruders Eamonn zu feiern © picture alliance / empics | Danny Lawson
Gemeinsam mit der Gruppe stieg er in einem Hostel in der Spaldingstraße ab
Gemeinsam mit der Gruppe stieg er in einem Hostel in der Spaldingstraße ab © A&O Hotels | A&O Hotels
Am frühen Abend besuchte die Gruppe die Gröninger-Privatbrauerei an der Willy-Brandt-Straße
Am frühen Abend besuchte die Gruppe die Gröninger-Privatbrauerei an der Willy-Brandt-Straße © imago stock&people | imago stock&people
Anschließend ging es weiter zum Feiern auf die Reeperbahn. Von etwa 20 bis 22 Uhr hält sich die Gruppe in der Bar
Anschließend ging es weiter zum Feiern auf die Reeperbahn. Von etwa 20 bis 22 Uhr hält sich die Gruppe in der Bar "Kuhstall" auf. Später kehrt sie noch in weiteren Lokalen ein © imago/Lars Berg | imago stock&people
Der
Der "Hamborger Veermaster" am Westende der Reeperbahn. Hier wurde Liam Colgan gegen 1.30 Uhr letztmals gesehen © picture alliance | SPA
Eine Überwachungskamera am Verlagsgebäude von Gruner + Jahr filmt, wie Liam Colgan gegen 2.20 Uhr in Richtung Michelwiese läuft
Eine Überwachungskamera am Verlagsgebäude von Gruner + Jahr filmt, wie Liam Colgan gegen 2.20 Uhr in Richtung Michelwiese läuft © picture alliance / Bildagentur-o | Bildagentur-online/Ohde
Eine Spur führt nach Buxtehude: Hier wollen Zeugen Liam Colgan gesehen haben. Ein Spürhund schlägt an, doch die Spur verliert sich
Eine Spur führt nach Buxtehude: Hier wollen Zeugen Liam Colgan gesehen haben. Ein Spürhund schlägt an, doch die Spur verliert sich © imago/Lars Berg | imago stock&people
Mit diesem Foto von Liam Colgan sucht die Hamburger Polizei nach dem vermissten Schotten
Mit diesem Foto von Liam Colgan sucht die Hamburger Polizei nach dem vermissten Schotten © Polizei Hamburg
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Könnte der Schotte in die Elbe
gestürzt und ertrunken sein?

Theoretisch ja. Aber auch darauf gibt es bisher keinen Hinweis.


Suchen Taucher die Elbe und
die Fleete ab?

Nein. Der Bereich ist viel zu groß. Das Wasser ist so trüb, dass man nur durch Tasten etwas finden würde. Die Beamten wüssten gar nicht, wo sie mit der Suche beginnen sollten.


Darf die Polizei überhaupt nach
einem erwachsenen Mann fahnden?
Erwachsene haben das Recht ihren Aufenthaltsort selbst zu bestimmen. Nur wenn eine Gefahr für ihr Leben oder ihre körperliche Unversehrtheit besteht, wird nach ihnen gefahndet. Im Fall des Schotten wird dies allein durch die Gesamtumstände angenommen.