Nach 16 Stunden am Verhandlungstisch haben sich die Teilnehmer des Minsker Ukraine-Gipfel auf einen Fahrplan geeinigt. Ab dem 15. Februar soll eine Waffenruhe gelten und schwere Waffen abgezogen werden.

Minsk. Ein Funken Hoffnung nach dem Verhandlungsmarathon: Beim Ukraine-Krisengipfel in Minsk haben die Beteiligten am Donnerstag eine Einigung über eine Waffenruhe für das Kriegsgebiet Donbass erzielt. Sie soll nach Angaben von Kremlchef Wladimir Putin und der Bundesregierung ab Sonntag 0.00 Uhr gelten, hieß es nach den Verhandlungen in der weißrussischen Hauptstadt Minsk. Der Internationale Währungsfonds (IWF) schnürte ein Milliarden-Hilfspaket für die Ukraine.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einem „Hoffnungsschimmer“. Sie reiste unmittelbar nach den Minsker Verhandlungen zum EU-Gipfel nach Brüssel, wo es auch um den Ukraine-Konflikt gehen sollte. Der französische Präsident François Hollande nannte die Einigung eine „Erleichterung für Europa und Hoffnung für die Ukraine“.

Putin betonte, Teil der Vereinbarungen sei „eine Verfassungsreform, in der die gesetzlichen Rechte der Menschen im Donezk-Gebiet gewahrt werden müssen“. Es gelte nun einen Maßnahmenkatalog zur Verifizierung der getroffenen Vereinbarungen zu erarbeiten. Putin sagte: „Wir rufen beide Seiten dazu auf, sich zu mäßigen und überflüssiges Blutvergießen zu vermeiden.“

Zum IWF-Paket sagte die Chefin des Währungsfonds, Christine Lagarde, das Land solle nach dem vorläufigen Plan zunächst 17,5 Milliarden Dollar erhalten (rund 15,5 Milliarden Euro). Eine derartige Vereinbarung sei auf Beamtenebene mit der Ukraine auf Basis eines neuen wirtschaftlichen Reformprogramms getroffen worden. Das auf vier Jahre angelegte Hilfspaket muss allerdings noch von den Entscheidungsgremien des IWF abgesegnet werden.

Merkel erklärte nach den Verhandlungen, zu denen sie mit Hollande vor einer Woche den Anstoß gegeben hatte: „Ich habe keine Illusion, wir haben keine Illusion: Es ist noch sehr, sehr viel Arbeit notwendig. Es gibt aber eine reale Chance, die Dinge zum Besseren zu wenden.“ Es gebe nun „eine ganz ernsthafte Hoffnung für die Ukraine und damit auch für Europa“.

Hollande sagte, die umfassende politische Vereinbarung nähre eine „ernstzunehmende Hoffnung, auch wenn noch nicht alles erreicht ist“. Weiter sagte er: „Dieser Text, der von der Kontaktgruppe und den Separatisten unterzeichnet worden ist, behandelt alle Fragen.“

Die Ukraine, Russland, Deutschland und Frankreich wollen ein Aufsichtsgremium einsetzen, um die Umsetzung des Minsker Waffenstillstandsabkommens für die Ostukraine vom September zu kontrollieren. „Die Staats- und Regierungschefs fühlen sich der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen weiter verpflichtet. Zu diesem Zweck vereinbaren sie die Schaffung eines Aufsichtsmechanismus im Normandie-Format, der in regelmäßigen Abständen zusammentreten wird, und zwar in der Regel auf der Ebene hoher Beamter der Außenministerien“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Staats- und Regierungschefs der vier Länder.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko sagte, innerhalb von 19 Tagen sollten sämtliche Gefangene freigelassen werden. Putin sagte, einer der Hauptgründe für die verzögerten Gespräche sei die Weigerung Poroschenkos gewesen, direkt mit den Separatisten zu sprechen.

Nach dem rund 17-stündigen Gesprächsmarathon seien zwei Dokumente entworfen worden, sagte Putin. Beim ersten gehe es um eine Umsetzung der bereits im September getroffenen Minsker Vereinbarungen. Dieses sei bereits unterschrieben worden, und auch die prorussischen Separatisten in der Ostukraine hätten dem zugestimmt. Im zweiten Dokument erklärten Deutschland, Frankreich, Russland und die Ukraine ihre Unterstützung für den Friedensprozess.

Der Abzug schwerer Waffen solle zwei Tage nach Einsetzen der Feuerpause beginnen und nicht länger als zwei Wochen dauern, sagte Putin. Die ukrainische Armee müsste ihre Waffen von der Frontlinie abziehen, für die Aufständischen gelte die Linie vom 19. September 2014.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier hält die Minsker Einigung noch nicht für einen Durchbruch. „Manchem wird das nicht reichen. Auch wir hätten uns mehr gewünscht. Aber es ist das, auf das sich heute Nacht die Präsidenten der Ukraine und Russlands einigen konnten.“