Zum zweiten Mal binnen weniger Wochen enthaupten die Dschihadisten des Islamischen Staats einen US-Journalisten. Präsident Obama droht mit Vergeltung. Weitere Geiseln sind in Gefahr - auch eine 26-Jährige, die humanitäre Hilfe leistete.
Beirut/Washington. Nach der grausamen Ermordung des bereits zweiten US-Journalisten haben die USA der Terrormiliz Islamischer Staat mit Vergeltung gedroht. Die Vereinigten Staaten würden sich nicht von dieser „fürchterlichen Gewalttat“ einschüchtern lassen, sagte Präsident Barack Obama am Mittwoch am Rande eines Estland-Besuchs. „Der Gerechtigkeit wird Genüge getan werden.“
Der Tod von Steven Sotloff und James Foley, den die Dschihadisten vor zwei Wochen in einem weiteren Video enthauptet hatten, eine die Amerikaner in ihrer Entschlossenheit gegen den Islamischen Staat, sagte Obama in Tallinn. Das Video von der Enthauptung Sotloffs wurde ebenso wie jenes von Foley als authentisch eingestuft. Eine Überprüfung durch die US-Geheimdienste habe ergeben, dass es echt sei, erklärte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, Caitlin Hayden, am Mittwoch.
Weltweites Entsetzen über barbarische Tat
Großbritannien und Frankreich verurteilten die Tötung als „barbarisch“. Der britische Premierminister David Cameron kündigte für Mittwoch eine Dringlichkeitssitzung seines Kabinetts an, in der über die Vorkommnisse beraten werde. Der französische Präsident François Hollande meinte, die Tat beweise den „schändlichen Charakter der Dschihadisten-Organisation, die die Freiheit infrage stellt und nur den Terror kennt.“
Die internationale Journalistenorganisation Committee to Protect Journalists (CPJ) forderte eine Bestrafung der Täter. Die Ermordungen Foleys und Sotloff „waren Kriegsverbrechen, und diejenigen, die sie begangen haben, müssen zur Rechenschaft gezogen werden“, teilte sie mit. Sie betonte, Sotloff und Foley „waren Zivilisten, keine Repräsentanten irgendeiner Regierung“.
„Eine zweite Botschaft an Amerika“
Die Dschihadisten hatten die Hinrichtung des 31-jährigen Sotloff mit den anhaltenden US-Angriffen auf ihre Gruppe im Irak begründet. Das Video über die Hinrichtung Sotloffs wurde unter dem Titel „Eine zweite Botschaft an Amerika“ veröffentlicht. Die geköpfte Person ist darin in einem ähnlichen orangenen Gefangenenoverall zu sehen, wie ihn Sotloff bereits in dem Video von Foley getragen hatte. Damals hatte der Kämpfer, der die Exekution durchführt, bereits Sotloff mit dem Tod bedroht, sollten die USA ihre Luftangriffe im Irak nicht einstellen.
Dass Sotloff bereits damals geköpft und das Video erst jetzt veröffentlicht wurde, wird weitgehend ausgeschlossen. Der Kämpfer erwähnt vor der Enthauptung spezifisch die kürzlich erfolgten Luftangriffe auf den Staudamm von Mossul und die Stadt Amerli. Beide Enthauptungen fanden offenbar in Syrien statt.
„Ich bin zurück, Obama“
„Ich bin zurück, Obama. Und ich bin zurück wegen Deiner arroganten Außenpolitik gegen den Islamischen Staat (...) trotz unserer ernsten Warnungen“, sagt der Dschihadist in dem Video. Am Ende droht er mit der Tötung eines dritten Gefangenen, des Briten David Cawthorne Haines.
„So wie Deine Raketen weiterhin unsere Leute treffen, wird unser Messer weiter die Nacken Deiner Bürger treffen.“ Der IS-Kämpfer warnt sämtliche Regierungen, sich nicht auf eine „böse Allianz“ mit Amerika einzulassen.
Zudem ist ein Mann zu sehen, der sich als Steven Sotloff vorstellt. „Ich bin mir sicher, ihr wisst wer ich bin“, sagt er. „Und ihr wisst, warum ich hier zu sehen bin.“
Der gleiche IS-Terrorist soll das Messer geführt haben
Nach Angaben des Instituts ist derselbe schwarz vermummte IS-Kämpfer auf dem Video zu sehen, der auch bei Foleys Tod dabei war. Zugleich drohten die Milizen mit dem Tod einer britischen Geisel, die ebenfalls gezeigt wurde.
Sotloff, der seit Jahren für diverse US-Medien an Krisenplätzen in Nahost arbeitete, wird seit August 2013 in Syrien vermisst. Er war auch kurz auf dem Video der Enthauptung Foleys zu sehen, das weltweit Entsetzen ausgelöst hatte. Damals hatte die Miliz bereits mit seinem Tod gedroht.
Die USA vermuten, dass neben ihm und Foley noch „ein paar“ weitere Amerikaner in den Fängen des IS seien, sagte die US-Außenministeriumssprecherin Jen Psaki. Darunter ist auch eine 26 Jahre alte Frau, die während eines humanitären Einsatzes in Syrien entführt worden war, wie ein Sprecher ihrer Familie bekanntgab.
Sotloffs Familie trauere in Stille
Sotloffs Familie wollte sich nicht äußern. Ein Sprecher der Familie sagte laut US-Medien, die Familie sei über die „fürchterliche Tragödie“ informiert. Sie trauere in aller Stille. Noch vergangene Woche hatte Sotloffs Mutter eine emotionale Videobotschaft an dessen Entführer veröffentlicht und um Gnade für ihren Sohn gebeten.
Weitere Truppen im Irak
Die USA schicken weitere 400 Soldaten in den Irak. Davon sollten 350 den Schutz der US-Botschaft in Bagdad verstärken, teilte John Kirby, Sprecher des Verteidigungsministeriums, am Dienstagabend (Ortszeit) mit. Insgesamt seien damit 820 Mann für den Schutz der Botschaftsgebäude abgestellt. Rund 50 Soldaten, die derzeit in Bagdad seien, würden in anderen Ländern der Region stationiert, sagte Kirby. Er nannte keine Einzelheiten.
Bereits vor Wochen hatte Präsident Barack Obama angesichts des Vormarsches der Milizen Islamischer Staat (IS) mehrere Hundert Soldaten in den Irak geschickt. Die Regierung in Washington betont, es kämen keine Kampftruppen in den Irak.