Die Terrormiliz IS hat nach dem Reporter James Foley auch Steven Sotloff ermordet. Der IS droht bereits mit der nächsten Hinrichtung - dieses Mal ist ein Brite in Gefahr.
Beirut/Washington. Traurige Gewissheit: Der US-Reporter Steven Sotloff (31) ist wie sein Kollege James Foley von den IS-Terroristen ermordet und enthauptet worden. Die USA haben das veröffentlichte Video der Gruppe Islamischer Staat als authentisch eingestuft. Das teilte ein Sprecher der Regierung in Washington am Mittwoch mit.
Die Enthauptung eines weiteren amerikanischen Journalisten durch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) löst weltweites Entsetzen aus. Der britische Premier David Cameron sprach von einem „verachtenswerten und barbarischen Mord“. Der französische Präsident François Hollande meinte, die Tat beweise den „schändlichen Charakter der Dschihadisten-Organisation, die die Freiheit infrage stellt und nur den Terror kennt.“
Der vor einem Jahr in Syrien entführte Reporter Steven Sotloff soll aus Rache für die US-Luftangriffe im Irak vor laufender Kamera getötet worden sein, berichtete das US-Forschungsinstitut Site. Es beruft sich dabei auf ein Internet-Video, das die IS ins Netz gestellt habe. Das Institut verfolgt weltweit die Aktivitäten von Terrororganisationen.
Wie das israelische Außenministerium am Mittwoch in Jerusalem mitteilte, war Sotloff auch israelischer Staatsbürger. Vor seiner Verschleppung in Syrien vor einem Jahr hatte er auch für die israelische Zeitschrift „The Jerusalem Report“ gearbeitet, wie die „Jerusalem Post“ – die zur selben Verlagsgruppe gehört – auf ihrer Webseite berichtete. Sotloff habe „für eine kürzere Zeit“ in Israel gelebt.
Die IS-Miliz droht, als nächstes eine britische Geisel umzubringen. Erst vor knapp zwei Wochen hatten die Extremisten, die weite Landstriche in Syrien und im Irak beherrschen, bereits den US-Journalisten James Foley enthauptet.
Die internationale Journalistenorganisation Committee to Protect Journalists (CPJ) forderte eine Bestrafung der Täter. Die Ermordungen Foleys und Sotloff „waren Kriegsverbrechen, und diejenigen, die sie begangen haben, müssen zur Rechenschaft gezogen werden“, teilte sie mit. Sie betonte, Sotloff und Foley „waren Zivilisten, keine Repräsentanten irgendeiner Regierung“.
„Ich bin zurück, Obama“
Unklar war zunächst, wie die USA und die internationale Gemeinschaft auf das mutmaßliche Verbrechen reagiert. US-Präsident Barack Obama sagte zunächst nichts. Er flog kurz nach der Nachricht zu einem Besuch ins Baltikum. Anschließend ist er beim Nato-Gipfel in Wales, wo der Kampf gegen den Terrorismus ebenfalls zur Sprache kommen dürfte. Cameron kündigte für diesen Mittwoch Beratungen mit seinen Sicherheitsexperten an.
Das Institut Site veröffentlichte eine Mitschrift des Videos. Demnach richtete der mutmaßliche Täter mit gezücktem Messer eine Warnung direkt an Obama, die Militärangriffe im Irak gegen den IS zu unterlassen: „Ich bin zurück, Obama. Und ich bin zurück wegen Deiner arroganten Außenpolitik gegenüber dem Islamischen Staat“, sagt er demnach.
„So wie Deine Raketen weiterhin unsere Leute treffen, wird unser Messer weiter die Nacken Deiner Bürger treffen.“ Der IS-Kämpfer warnt sämtliche Regierungen, sich nicht auf eine „böse Allianz“ mit Amerika einzulassen.
Zudem ist ein Mann zu sehen, der sich als Steven Sotloff vorstellt. „Ich bin mir sicher, ihr wisst wer ich bin“, sagt er. „Und ihr wisst, warum ich hier zu sehen bin.“ Das knapp dreiminütige Video trägt den Titel „Eine zweite Nachricht an Amerika“.
Der gleiche IS-Terrorist soll das Messer geführt haben
Nach Angaben des Instituts ist derselbe schwarz vermummte IS-Kämpfer auf dem Video zu sehen, der auch bei Foleys Tod dabei war. Zugleich drohten die Milizen mit dem Tod einer britischen Geisel, die ebenfalls gezeigt wurde.
Sotloff, der seit Jahren für diverse US-Medien an Krisenplätzen in Nahost arbeitete, wird seit August 2013 in Syrien vermisst. Er war auch kurz auf dem Video der Enthauptung Foleys zu sehen, das weltweit Entsetzen ausgelöst hatte. Damals hatte die Miliz bereits mit seinem Tod gedroht.
Echtheit des Videos noch nicht bestätigt
Das Weiße Haus wollte am Dienstag die Berichte über Sotloffs Tod zunächst nicht bestätigen. Obamas Sprecher Josh Earnest sagte, die USA hätten viel Zeit und Ressourcen aufgewendet, um Sotloff aus der Geiselhaft zu befreien. Eine Kommandoaktion in Syrien war aber gescheitert.
Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Jen Psaki, nannte die Berichte über Sotloffs Tod entsetzlich. Die Authentizität des Videos werde schnellstmöglich überprüft. Sollten sich die Angaben bestätigen, würden die USA die Tat als Terrorakt betrachten.
„Wir wollen die IS natürlich vernichten“, sagte Psaki. „Aber dies ist keine Anstrengung, die über Nacht gelingt“, fügte sie hinzu. In Washington mehren sich unterdessen Forderungen, dass die US-Militärs ihre Luftschläge gegen IS-Stellungen auch nach Syrien ausweiten sollen. Doch darüber hat Obama noch nicht entschieden. Bisher flogen US-Kampfjets über 100 Einsätze gegen US-Stellungen im Irak.
Insgesamt dauerte das Video knapp drei Minuten (2:46). Es wurde vor allem auf dem russischen sozialen Netzwerk VK von Anhängern des IS geteilt. Die russische Seiten nutzen Dschihadisten in den vergangenen Wochen vermehrt, seit westliche Netzwerke wie Twitter und Facebook extremistische Inhalte schnell löschen. So war eine Youtube-Version des jüngsten Videos nur wenige Minuten online.
Sotloffs Familie trauere in Stille
Sotloffs Familie wollte sich nicht äußern. Ein Sprecher der Familie sagte laut US-Medien, die Familie sei über die „fürchterliche Tragödie“ informiert. Sie trauere in aller Stille. Noch vergangene Woche hatte Sotloffs Mutter eine emotionale Videobotschaft an dessen Entführer veröffentlicht und um Gnade für ihren Sohn gebeten.
Die USA schicken weitere 400 Soldaten in den Irak. Davon sollten 350 den Schutz der US-Botschaft in Bagdad verstärken, teilte John Kirby, Sprecher des Verteidigungsministeriums, am Dienstagabend (Ortszeit) mit. Insgesamt seien damit 820 Mann für den Schutz der Botschaftsgebäude abgestellt. Rund 50 Soldaten, die derzeit in Bagdad seien, würden in anderen Ländern der Region stationiert, sagte Kirby. Er nannte keine Einzelheiten.
Bereits vor Wochen hatte Präsident Barack Obama angesichts des Vormarsches der Milizen Islamischer Staat (IS) mehrere Hundert Soldaten in den Irak geschickt. Die Regierung in Washington betont, es kämen keine Kampftruppen in den Irak.