Bislang müssen sich Einwandererkinder zwischen der Staatsangehörigkeit der Eltern und der deutschen entscheiden. Diese Optionspflicht soll nun für alle wegfallen, die in Deutschland „geboren und aufgewachsen“ sind.
Berlin. Die schwarz-rote Regierung hat sich nach langer Debatte auf ein Gesetz zur doppelten Staatsangehörigkeit geeinigt. Das teilten Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Donnerstag in Berlin mit. Sie einigten sich demnach auf Bedingungen, die in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern erfüllen müssen, um sowohl die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern als auch den deutschen Pass behalten zu können.
Möglich ist dies demnach dann, wenn die Betroffenen bei Vollendung des 21. Lebensjahres acht Jahre in Deutschland gelebt oder sechs Jahre lang eine Schule in Deutschland besucht haben. Alternativ reicht es auch aus, wenn sie einen in Deutschland erworbenen Schulabschluss beziehungsweise eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen können.
Maas wertete die geplante Neuregelung als „einen ganz wesentlichen Schritt zu einem modernen Staatsangehörigkeitsrecht“. Es sei ein großer Erfolg, „den die SPD am Ende der Koalitionsverhandlungen der Union abringen konnte“.
De Maizière sprach von einem „guten und praktikablen Gesetzentwurf“. Dieser trage einerseits den veränderten Lebensumständen optionspflichtiger Jugendlicher in Deutschland Rechnung. Das Gesetz betone aber auch „den besonderen Wert, den die deutsche Staatsangehörigkeit für unser Zusammenleben hat“,
Bislang müssen sich viele in Deutschland geborene Kinder von Ausländern zwischen dem 18. und dem 23. Lebensjahr zwischen dem deutschen Pass und der Staatsangehörigkeit ihrer Eltern entscheiden. Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag auf eine Reform dieser Regelung verständigt; demnach sollte diese Optionspflicht für in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder entfallen. Was genau unter den Begriff „aufgewachsen“ fallen soll, war lange aber zwischen SPD und Union strittig.
Mit dem nun vereinbarten Verfahren sollen die Betroffenen im Regelfall selbst nichts zu tun haben, wie Maas hervorhob. Vielmehr sollten die Behörden von sich aus anhand der Meldedaten prüfen, ob bei Vollendung des 21. Lebensjahres die für den Doppel-Pass geforderten Voraussetzungen vorliegen. Nur wenn dies nicht ausreiche, sollten die jungen Menschen angeschrieben werden.
Das Bundesinnenministerium teilte dazu mit, in diesen Fällen reiche dann beispielsweise die Vorlage eines Schulzeugnisses. Umgekehrt könnte Betroffenen auf Antrag auch bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres bescheinigt werden, dass sie die Voraussetzungen für den Doppelpass erfüllen. Für besonders gelagerte Fälle ist eine Härtefallklausel vorgesehen.
Von der Neuregelung profitieren besonders in Deutschland lebende Türken. Bei Zuwanderern aus EU-Staaten wird die doppelte Staatsbürgerschaft bereits jetzt hingenommen. Geduldet wird der Doppelpass aber auch bei Migranten, deren Herkunftsländer eine Ausbürgerung nicht akzeptieren. Dazu gehören Marokko, Iran, Algerien, Syrien und die meisten lateinamerikanischen Staaten.
Die beiden Ministerien teilten mit, der Gesetzentwurf solle nun so schnell wie möglich dem Kabinett zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Die Neuregelung solle möglichst noch im laufenden Jahr in Kraft treten.
Der Gesetzentwurf dürfte im Parlament trotz der Einigung der beiden Minister für hitzige Debatten sorgen. So gibt es etwa in der SPD Forderungen, auf den Optionszwang generell zu verzichten.