Seit elf Tagen ist die Boeing 777 der Malaysian Airlines verschwunden – mit 239 Menschen an Bord. Was ist mit der Maschine passiert? Und wer steckt hinter den mysteriösen Geschehnissen? Eine Spurensuche
Das Rätsel, das die Welt seit dem 8. März in Atem hält, ist für die Zuschauer der Frühsendung „Good Morning America“ des US-Nachrichtensenders ABC längst gelöst. Bereits am Sonnabend durften sie in das Cockpit einer Boeing 777 blicken. Dann schwenkte die Kamera auf eine Axt, mit der nach einer Notlandung das Fenster eingeschlagen werden kann.
„Sie könnte als Waffe benutzt worden sein“, mit der ein Pilot den anderen tötete, erklärte der Sprecher. Seine weitere Darstellung unterlegte er mit einem Video, das Flugzeuginsassen zeigt, die nach den von oben baumelnden Atemmasken greifen: „Was ist mit den Passagieren? Der Pilot kann für einen Druckabfall in der Kabine gesorgt haben. Diese Sauerstoffmasken reichen nur für eine kurze Zeit.“
Die Szene erläuterte sodann John Nance, Ex-Vietnamkriegs-Pilot, Flugexperte und regelmäßiger ABC-Interviewpartner, aus der Sicht der vermeintlichen Entführer: .„Töte alle Passagiere! Werde alles los, was dir Widerstand leisten kann bei dem, was du auch immer vorhast als abtrünniger Pilot.“
Ja, es könnte so gewesen sein an Bord von Flug MH370 der Malaysian Airlines. Oder ganz anders. Weil kaum Fakten bekannt sind über das, was an Bord geschah, werden derzeit Theorien aller Art bemüht. Und sie werden mitunter auch rasch widerlegt.
Der letzte Funkspruch des Kopiloten – ein Indiz auf den Täter?
So wurde am Montag der 27-jährige Erste Offizier und Kopilot Fariq Abdul Hamid weltweit als derjenige verdächtigt, der das Flugzeug entführte und dafür – möglicherweise – zuvor alle anderen Menschen an Bord tötete. Die Indizien gegen ihn: Er soll den inzwischen berüchtigten letzten Funkspruch, „Alright, good night“, abgesetzt haben – zu einem Zeitpunkt, als das Datenfunksystem Acars (Aircraft Communications Addressing and Reporting System) bereits abgeschaltet gewesen sei. Warum hätte er „Alles klar, gute Nacht“ vermelden sollen, wenn Acars durch einen technischen Defekt ausgeschaltet worden wäre?
Doch seit Dienstagmorgen ist Fariq Abdul Hamid nicht mehr gar so verdächtig. Denn die „New York Times“ meldet nun, entgegen den Informationen der vorigen Tage sei Acars doch nicht ausgeschaltet gewesen, bevor sich der Kopilot mit diesem kurzen Gruß verabschiedete. Das heißt: Der erste Pilot, der 53-jährige Zaharie Ahmad Shah, muss als mindestens ebenso verdächtig gelten. Hat er möglicherweise den Funkspruch seines Kollegen abgewartet, bevor er diesen unschädlich machte und danach vielleicht alle anderen Menschen an Bord tötete?
Dritte Theorie in diesem Zusammenhang: Pilot und Kopilot arbeiteten zusammen. Und die vierte Theorie: Beide wurden gezwungen und sind die ersten Opfer von Entführern, die mit an Bord waren.
Der Nachteil letzterer Spekulation: Nachdem sich seit über einer Woche die Geheimdienste vieler Länder intensiv über die Passagierliste gebeugt haben, gibt es offenkundig gegen niemanden an Bord belastende Indizien – was allerdings auch für die Piloten gilt. Dass Zaharie Ahmad Shah auf früheren Fotos ein T-Shirts mit der Aufschrift „Democracy is dead“ trug, ist offenkundig ebenfalls kein Beleg für apokalyptische Pläne. Denn der Familienvater protestierte damit zwar gegen eine Wahlniederlage der Partei des von Zaharie Ahmad Shah verehrten Oppositionspolitikers Anwar Ibrahim. Aber eine extremistische Gesinnung lässt sich daraus kaum ableiten.
Berichte, der Pilot der Unglücksmaschine habe unmittelbar vor seinem letzten Flug ein Gerichtsverfahren besucht, in dem Anwar Ibrahim wegen Homosexualität zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde, sind inzwischen sehr hart dementiert worden.
Berichtet (und ebenfalls dementiert) wird auch, dass Zaharie Ahmad Shah wenige Tage vor dem Verschwinden von MH370 von seiner Frau und den drei Kindern verlassen worden sei und er deshalb Selbstmord begangen habe.
Doch warum würde jemand vor dem beabsichtigten Absturz eines Flugzeugs nicht nur das Datensystem Acars und dann auch noch den Transponder abschalten und schließlich eine völlig ungewöhnliche Route ansteuern? Ein Suizid ließe sich für die Piloten leichter und direkter begehen.