Was läuft falsch? Was kann 2014 besser werden? Stimmen zur Lage der Stadt
Hamburg. „Hamburg neu denken 2014“ – das Motto des Neujahrsempfangs setzt eines voraus: Zuerst einmal müssen die vorhandenen Probleme angepackt werden. Wie ein roter Faden zog sich die aktuelle Lage durch die Gespräche, inspiriert von den Begrüßungsgedanken des Abendblatt-Chefredakteurs Lars Haider: „Es läuft etwas falsch, wenn in dieser Stadt Hunderte Polizisten bei Krawallen und Übergriffen verletzt werden. Oder wenn ein kleines Kind in der eigenen Familie gewaltsam ums Leben kommt. Oder wenn Menschen in einem Haus wohnen, das jeden Moment einstürzen kann.“ Man sollte 2014 erst alte Probleme lösen, „bevor wir neue erfinden“.
„Die sinnlose Gewalt gegen unsere Polizei muss ein Ende haben“, meinte nicht nur Hamburgs CDU-Landesvorsitzender Marcus Weinberg. Mehr denn je ständen Politik und Staat in der Verantwortung, ebenso jedoch die Bürger und Bürgerinnen. „Die enorme Solidaritätswelle darf nur der Anfang sein“, so Weinberg. Auch Belange wie finanzielle Vergütungen für Polizisten, Sanitäter und Feuerwehrleute müssten gewährleistet sein.
„Hamburg muss neu denken“, forderte Landesrabbiner Shlomo Bistritzky. „Dabei können neue Ideen durchaus auf klassischen Werten basieren.“ Wichtig seien mehr Miteinander, weniger Vorurteile, so der Vertreter der Jüdischen Gemeinde: „Die Menschen müssen sich bewusst auf Augenhöhe begegnen.“
Fußballlegende Uwe Seeler sieht es ebenso: „Das Miteinander in unserer Gesellschaft ist etwas verloren gegangen, der Egoismus hat zugenommen“, sagte das HSV-Idol. Er hält den Aufruf von Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider, Partei zu ergreifen, daher in einem allgemeinen Sinn für wichtig: „Die Menschen müssen mehr aufeinander zugehen, sich helfen und mehr Rücksicht nehmen.“ Das gelte insbesondere für die Polizei: „Unsere Polizisten haben Respekt verdient, sie brauchen mehr Rechte. Denn Ordnung muss sein.“ Ebenso sollten Politik und Bürger einen stärkeren Schwerpunkt auf soziale Brennpunkte in den Stadtteilen legen. „Wir brauchen vor Ort dauerhaften Frieden.“
Die soziale Gerechtigkeit hat Sozialsenator Detlef Scheele im Visier: „Wir haben viel getan beim Krippen- und Kita-Ausbau sowie beim Übergang von Schule zum Beruf. Da wollen wir noch besser werden“, sagte der SPD-Politiker. „Außerdem muss man nach dem gewaltsamen Tod der dreijährigen Yagmur überlegen, ob im Pflegekinderwesen andere Schlüsse zu ziehen sind als jene, die wir schon gezogen haben.“ Das lasse sich aber erst dann sagen, wenn man genau wisse, was in dem Fall wann passiert sei.
Zur Gewalt in der Stadt meinte Scheele: „Die Ausschreitungen sind bedrückend, weil durch sie der Eindruck zu entstehen droht, Hamburg befinde sich in einer zugespitzten politischen Situation. Das ist ja nicht der Fall.“ Alexander Röder, Hauptpastor an St.Michaelis, fordert nicht nur eine sichere Unterbringung der Flüchtlinge und Zuwanderer, sondern auch deren Integration. Letzteres sei eine Aufgabe der Gesellschaft. Röder will, dass Probleme wie Straßenbau oder Erhaltung der Grünflächen in den Mittelpunkt rücken: „Schließlich ist das die Visitenkarte unserer Stadt.“ Marcus Weinberg ergänzte: „Hamburg braucht klare Botschaften für die kommenden zwei Jahrzehnte.“ Ein gutes Beispiel sei ein Ja zur Bewerbung für Olympische Spiele.
Für seinen Parteikollegen Dietrich Wersich geht es 2014 vor allem darum, dass Hamburg eine „Stadt der Chancen“ für Menschen aller Altersgruppen wird. Das Credo des CDU-Fraktionschefs: „Mehr Gestaltung, weniger Verwaltung.“ Wersich denkt vor allem an mehr Bildungsangebote für Kinder und an Förderung von Unternehmensgründern, um die Stadt zukunftsfähig zu machen. Und er hat auch die älteren Menschen im Blick, die ihr Wissen weiterhin einbringen sollen, um die Attraktivität Hamburgs zu erhöhen.
Die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs sieht in den gewalttätigen Angriffen auf Polizeibeamte ein ungelöstes Problem: „Die hemmungslose Gewalt muss uns nachdenklich machen. Wir brauchen dringend eine neue Strategie der Konfliktlösung.“ Hamburgs Weihbischof Hans-Jochen Jaschke kritisierte den momentanen Umgang mit Asylanten: „Es muss eine neue Asylantenpolitik für Europa, Deutschland und somit auch Hamburg geben. Dieses Problem lässt sich nur in Europa lösen.“
Architekt Hadi Teherani wünscht sich, dass Hamburg mutiger wird. „Es reicht nicht, wenn man mal eine Elbphilharmonie baut und denkt, damit hat man sein Soll getan. Wir brauchen eine Architektur auf hohem Niveau.“ Musiker Stefan Gwildis: „Bei der Bildung muss noch mehr getan werden – vor allem in Musik und Sport.“ Das seien die Fächer, die die Kinder am meisten liebten, die aber gleichzeitig am häufigsten ausfielen. „Gerade dort lernen die Kinder das Miteinander und sich als Teil eines großen Ganzen zu begreifen.“