Die Antriebe der Dampfer sollen langfristig auf Liquefied Natural Gas umgestellt werden. Eine erste Bunker-Station wird im Jahr 2015 gebaut. Das Ganze ist Teil eines Plans, den Hamburger Hafen ökologisch weiterzuentwickeln.
Hamburg. Senat und Hafenverwaltung in der Hansestadt wollen im Hafen einen umweltfreundlicheren Schiffsantrieb einführen. Anstatt mit Schweröl oder Marinediesel sollen künftig viele Schiffe mit Flüssigerdgas angetrieben werden. Dazu ist der Bau einer Tankstelle im Blumensandhafen vorgesehen. Die Hamburg Port Authority (HPA) will nach und nach ihre Arbeitsschiffe auf flüssiges Erdgas umrüsten. Langfristig ist auch die Umstellung aller Hafenfähren der Hadag auf den neuen Antrieb geplant.
Wie Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) am Freitag erklärte, haben erste Unterredungen mit der Hadag dazu bereits stattgefunden: „Wir befinden uns im Gespräch. Man wird die derzeit bestehende Flotte vermutlich nicht umrüsten können. Aber über einen längeren Zeitraum haben wir die Chance, hier etwas völlig Neues zu etablieren“, sagte Horch.
Die Flotte der Hadag auf der Elbe umfasst derzeit 22 Dampfer. Diese bedienen auf sieben Linien insgesamt 22 Anleger und befördern rund acht Millionen Passagiere im Jahr. Angetrieben werden die Schiffe mit Dieselöl. Aus dem Schornstein werden dabei neben Ruß zahlreiche andere Schadstoffe in die Luft gepustet. Bei einem Antrieb mit dem sogenannten Liquefied Natural Gas (LNG) könnte der Ausstoß von Schwefeloxiden (SOx) und Rußpartikeln gänzlich vermieden werden. Die Emission von Stickoxiden (NOx) würde sich um bis zu 80 Prozent, der Ausstoß von Kohlendioxid um weitere 20 Prozent verringern.
Das Ganze ist Teil eines Plans, den Hamburger Hafen insgesamt ökologisch weiterzuentwickeln. Mit einer Reihe von Maßnahmen sollen jährlich 12.000 Tonnen des Klimagases Kohlendioxid eingespart werden. „Unser Hafen liegt im Gegensatz zu vielen anderen mitten in der Stadt. Das stellt uns vor besondere Herausforderungen in Bezug auf die Umwelt. Wir können hier aber eine Vorreiterrolle in Europa und in der Welt einnehmen“, so Horch. Dazu zählt, dass mit der Bomin Linde LNG ein erstes Unternehmen entschieden hat, im Hafen eine Schiffstankstelle für Flüssiggas, eine sogenannte Bunkerstation, zu bauen. Das Gemeinschaftsunternehmen der Linde AG sowie der Bomin Deutschland GmbH hat sich zum Ziel gesetzt, die bedeutsamen Häfen in Europa künftig mit dem umweltfreundlichen Antriebsstoff zu beliefern. In Hamburg und in Bremerhaven sollen 2015 die deutschlandweit ersten Flüssigerdgasbetankungsstellen stehen. In Hamburg wird die Anlage im Blumensandhafen errichtet.
„Die Entscheidung ist getroffen. Wir werden Anfang 2014 die notwendigen Genehmigungsanträge stellen. Die Genehmigungen sollen bis Mitte 2014 gemäß Plan vorliegen“, sagte ein Sprecher des Unternehmens. Bomin Linde LNG schließe derzeit die letzten planerischen Vorbereitungen ab, um im Anschluss die notwendigen Anlagenteile fertigen zu lassen und das Terminal zu errichten. Gebaut werde eine flexible Anlage, die bei einer steigenden Nachfrage schnell erweitert werden kann.
Diese flexible Arbeitsweise ist notwendig. Denn bisher hat sich LNG bei den Reedern kaum durchgesetzt, obgleich es viel günstiger als Dieselöl zu kaufen ist. Grund ist, dass nur wenige Schiffsmotoren in der Lage sind sowohl Gas als auch Dieselöl zu verbrennen. Eine Umrüstung erscheint den Reedern finanziell als ein zu großes Wagnis, solange LNG nicht in allen Häfen, die sie anfahren, angeboten wird. So hat sich der neue Treibstoff in Skandinavien bei Fährdiensten und Fischereiflotten etabliert, die nur Häfen mit LNG-Terminals anlaufen. Die Handelsschifffahrt mit unterschiedlichen Fahrtgebieten traute sich dies bisher nicht.
Auf der anderen Seite scheuten sich auch die Anbieter von LNG, neue Anlagen zu eröffnen, weil sie die Zurückhaltung der Reeder spürten. „Ich bin froh, dass Bomin Linde dieses Henne-und-Ei-Prinzip durchbrochen haben und ein klares Signal setzen. In Hamburg wird bald LNG angeboten“, sagte der Geschäftsführer der HPA, Jens Meier. „Wir hoffen dass diese Investitionsentscheidung ein Signal für die Betreiber von Feederschiffen ist, ihrerseits die Umrüstung der Schiffe einzuleiten“, fügte er hinzu.
Einer aktuellen Umfrage der HSH Nordbank zufolge, plant derzeit jeder fünfte Reeder, bestehende Schiffe auf LNG umzustellen oder Neubauten mit diesem Antrieb zu bestellen – vorausgesetzt die notwendige Infrastruktur zur Betankung ist vorhanden. Bomin Linde sieht Hamburg deshalb als eine Art Brückenkopf: Von den strategisch wichtigen Knotenpunkten Hamburg und Bremerhaven aus will das Unternehmen auch benachbarte Häfen wie Kiel, Lübeck, Rostock oder Wilhelmshaven zuverlässig bedienen. „Wir liegen mit unserem Projekt voll im Plan und werden daher ab 2015 Schiffe alle deutschen Häfen entlang der Nord- und Ostseeküste mit dem sauberen Treibstoff LNG versorgen können“, sagte Bomin-Linde-LNG-Geschäftsführer Ruben Benders. Das Unternehmen baut auch eine Betankungsanlage in Rotterdam und betreibt eine weitere in Stockholm.
Die Strategie von Bomin Linde LNG zielt darauf ab, die Wertschöpfungskette von Einkauf und Transport über die Lagerung bis hin zu Vertrieb und Betankung von LNG-Schiffen abzudecken. Deshalb wird das Unternehmen voraussichtlich eigene Tanker einsetzen, die am Terminal im Blumensandhafen LNG aufnehmen und die Schiffe beim Lade- und Löschvorgang an den Containerterminals betanken. Wann das erste Hadag-Fahrgastschiff mit LNG durch den Hafen schippert, ist noch unklar. Grundsätzlich sieht Horch dabei keine Probleme. Das Schiff mit dem Wasserstoffantrieb auf der Alster sei auch sehr erfolgreich.