Der Konzern habe die „Komplexität des Auftrags unterschätzt“, sagt Siemens-Vorstand Busch. Auch bei der Lieferung von 16 ICE-Zügen an die Deutsche Bahn zeichnen sich Verzögerungen ab.

München/Frankfurt. Die Zugsparte von Siemens steht vor einer weiteren Blamage. Bei der Lieferung von zehn Hochgeschwindigkeitszügen für den Eurotunnel-Betreiber Eurostar zeichnen sich ernste Probleme ab, wie Siemens-Vorstandsmitglied Roland Busch der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstagsausgabe) sagte.

„Ich gebe zu: Wir haben die Komplexität des Auftrags unterschätzt“, sagte Vorstandsmitglied Roland Busch dem Blatt. Die Probleme beim Eurostar und beim neuen ICE belasteten den Gewinn: „Wir werden durch die Bahn-Projekte im abgelaufenen Quartal 2013 erneut eine Sonderbelastung haben.“ Sie werde noch über den 116 Millionen Euro im Quartal zuvor liegen.

Siemens sollte laut Vertrag die ersten der zehn Züge für Eurostar, eine Tochter der französischen Staatsbahn SNCF, Ende 2014 ausliefern. 2015 will Eurostar die ersten Züge einsetzen.

Da der Zug durch vier Länder und den Eurotunnel fahre, müsse er mit verschiedenen Zugsicherungstechniken zurechtkommen und von mehreren Behörden zugelassen werden. „Wie lange das dauert, liegt nicht allein in unserer Hand“, erklärte der Siemens-Vorstand.

„Wir haben keine Planbarkeit wegen des komplexen Zulassungsprozesses, deshalb werde ich keinen genauen Liefertermin für den Eurostar nennen“, räumte Busch ein.

Siemens hatte den 700 Millionen Euro großen Auftrag vor drei Jahren gegen den Widerstand des französischen Zugherstellers Alstom ergattert. Bis dahin war Alstom der Hoflieferant des Tunnelbetreibers Eurostar.

Auch ICE-Lieferung vor Verzögerung

Unterdessen zeichnet sich dem Bericht zufolge auch bei der Lieferung von 16 ICE-Zügen an die Deutsche Bahn eine weitere Verzögerung ab. Eigentlich hätten sie rechtzeitig zum Fahrplanwechsel im Dezember 2011 fahren sollen, im November 2012 hatte Siemens die Lieferung erneut verschieben müssen.

Grund waren Software-Probleme, die zu minimalen Verzögerungen beim planmäßigen Abbremsen führten. Ende Januar war die Abstimmung mit dem Eisenbahn-Bundesamt so weit erfolgt, dass Siemens beginnen konnte, die Züge umzurüsten.

Ende Juli könnte dann der Zulassungsprozess erneut beginnen. „Das kann erfahrungsgemäß zwischen vier und 18 Monaten dauern“, sagte Busch. Die Bahn werde wohl auch im nächsten Winter auf die Züge verzichten müssen, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“. Für das Verkehrsunternehmen wäre das äußerst ärgerlich, da es die neuen ICEs dringend als Reserve benötigt.

Die Probleme beim Eurostar und beim neuen ICE werden die Zahlen von Siemens erneut massiv beeinträchtigen. „Wir werden durch die Bahn-Projekte im abgelaufenen Quartal 2013 erneut eine Sonderbelastung haben“, sagte Busch. Diese werde noch höher ausfallen als im Quartal zuvor, damals waren es 116 Millionen Euro gewesen. Eines stellte er jedoch klar: „Aus heutiger Sicht werden das die letzten Belastungen aus den beiden Zugprojekten sein.“