Wenn es nicht so peinlich wäre, könnte es mit der Deutschen Bahn fast schon wieder lustig sein.
Ich habe aufgehört zu zählen, wie viele Leitartikel wir an dieser Stelle schon über die Deutsche Bahn veröffentlicht haben und wie viele allein ich davon geschrieben habe. Aber es nützt nichts: Heute folgt ein weiterer, weil es leider nicht besser wird – im Gegenteil.
Als jemand, der spätestens seit Einführung des Deutschlandtickets zum Bahnfahrer geworden ist (vor allem, weil ich mich nie mehr mit diesem komplizierten Tarifsystem beschäftigen muss), kann man nicht glauben, was sich täglich an Bahnhöfen abspielt. Wenn es nicht so peinlich wäre für eines der reichsten und vermeintlich fortschrittlichsten Länder der Welt, könnte man fast darüber lachen.
So wie vergangene Woche am Bahnhof Dammtor, als die automatische Ansage mit den Zugverspätungen und -ausfällen kaum hinterherkam: Unwetter, verspätete Bereichsstellung, Personal hängt in einem anderen Zug fest, technische Störungen – ich war kurz davor, mir ein Taxi zu nehmen, und musste an den Studenten denken, dem die Bahn wegen eines ausgefallenen Zuges eine Taxifahrt nach München für 1400 Euro bezahlt hatte.
Deutsche Bahn: Freud und Leid nah beieinander
Das Verrückte ist, dass sich Bahnfahrer über diese und viele andere Geschichten gar nicht mehr wundern, sondern dass sie alles für möglich halten – bis auf einen Zug, der pünktlich irgendwo abfährt und pünktlich irgendwo ankommt und bei dem sich alle Türen öffnen lassen.
Der Zustand der Bahn, inklusive Streckennetz, ist so schlecht, dass Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagt, dass man das Angebot um 20 Prozent (!) verringern müsste, um Pünktlichkeit zu gewährleisten. Was aber nicht geht, weil dank des Deutschlandtickets, einer der besten Ideen im öffentlichen Personennahverkehr seit vielen, vielen Jahren, deutlich mehr Menschen die Bahnen nutzen. Darüber könnte man sich freuen, sehr sogar, wenn nicht ... siehe oben.
Volker Wissing im Podcast bei Lars Haider:
Deutsche Bahn: Aufreger reiht sich an Aufreger
Die Bundesregierung hat gerade eine Kampagne unter dem Motto „Mehr Achtung“ gestartet und will damit für mehr Respekt und weniger Aufregung auf Deutschlands Straßen sorgen. Ich kann nur sagen, und ich neige normalerweise nicht dazu, mich aufzuregen: Gegen das, was ich in diesem Jahr mit der Bahn erlebt habe, waren die Autofahrten der Vergangenheit entspannend.
Das beginnt bei Zügen, die nicht kommen oder stark verspätet, die plötzlich in die falsche Richtung fahren oder genauso plötzlich stehen bleiben, „für unbestimmte Zeit, aber mindestens 60 Minuten“, und in denen Abteile gesperrt sind, weil die Klimaanlage nicht funktioniert.
Schaffnerin: „Ist doch inzwischen sowieso alles egal ...“
Es geht weiter mit seltsamen Regeln, die keiner versteht, nicht einmal die bei der Bahn: Als ich wissen wollte, wie man einen Zuschlag bezahlen kann, um statt eines EC einen ICE zu benutzen, konnte mir das von vier (!) Mitarbeitern am Bahnhof niemand sagen. Meinen Anruf bei der „Hotline“ habe ich nach 20 Minuten Warteschleife abgebrochen. Am Ende hat mich eine Schaffnerin in ihrem ICE mitgenommen, weil mein EC hoffnungslos verspätet war. Ihr Kommentar: „Ist doch inzwischen sowieso alles egal ...“
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Das gilt auch (um mit einer positiven Nachricht zu enden) für die Buchung eines Bahntickets für den Fernverkehr. Ich nehme inzwischen ausschließlich den Supersparpreis, auch wenn man mit dem vermeintlich an einen bestimmten Zug gebunden ist. Wobei die Betonung auf vermeintlich liegt: Denn sollte sich der gebuchte Zug um 20 Minuten oder mehr verspäten, kann man mit dem Superstarpreis auch alle andere Züge nehmen ... Und wenigstens das hat, so viel kann ich sagen, zuletzt sehr zuverlässig funktioniert.