Balkonkraftwerke, Windräder, Abwärme: Der Hamburger Senat muss Genehmigungen beschleunigen.
Nein, diesmal sind es nicht die Lieferengpässe, das Silizium oder das Glas, woran es hakt: Der Ausbau der privaten Photovoltaik und damit der große Nutzen auch der Balkonkraftwerke für die Energiewende in Hamburg hängt wegen der langen Bearbeitungszeit der Anschlüsse bei Stromnetz Hamburg, dem stadteigenen Unternehmen. Hier fehlen offenbar ausreichend Menschen und Kapazitäten, um die Sonne von privaten Erzeugern buchstäblich ins Netz zu bringen.
Als naiver Beobachter könnte man sich fragen: Warum schafft es das so klimabewusste Hamburg nicht, in einem städtischen Unternehmen für ausreichend Personal an dieser so entscheidenden Schaltstelle zu sorgen? Oder liegt es an den verfahrenen Verfahren, die die Wende zu ökologischerer Energieproduktion in Deutschland insgesamt behindern?
Heizungsgesetz, Strompreise, Förderungen – ein Wirrwarr
Es ist schon ein veritables Wirrwarr um Heizungen, Gas- und Strompreise, die dazugehörigen Preisbremsen, Förderungen, Einspeisevergütungen und Technik. Handwerker gibt es momentan eh kaum. Es ist deshalb ein extrem positives Signal, dass Bundesregierung, Bundestag und Länderregierungen da an der einen oder anderen Stelle die Augen zudrücken und rechtliche Graubereiche tolerieren. Der Stromzähler dreht sich in Privathaushalten bei kleinen PV-Anlagen rückwärts, und das neue Gesetz ist noch nicht da? Der moderne Zähler fehlt noch? Wird geduldet.
Denn: Wo ist der große Schaden? Politik und Gesetzgebung lahmen ohnehin der Sprintentwicklung in der Technik hinterher. Internet, Datenschutz und Künstliche Intelligenz lassen grüßen. Beim Regelungsweltmeister Deutschland muss immer alles perfekt sein. Blöd nur, dass die Natur menschengemacht so unserem Handeln entglitten ist, dass es bei der Bekämpfung des Klimawandels bereits fünf nach zwölf ist.
Balkonkraftwerke in Hamburg: Anschlüsse dauern zu lange
Gerade deshalb erwächst aus einem vermeintlichen Problemchen wie der Genehmigung von Photovoltaikanlagen in einem Stadtstaat eine so gewichtige Delegitimierung von politischem Handeln und Akteuren, dass es immer lauter quietscht. Bei aller Wertschätzung für edle Motive von Umwelt- oder Mobilitätswende-Senator: Wie wollen Jens Kerstan und Anjes Tjarks (beide Grüne) diese politischen Gestaltungsdefizite in Bezug auf die eigenen Klimaziele bis 2030 noch rechtfertigen?
Der vom Senat selbst eingesetzte Klimabeirat hatte beiden Ressortchefs sowie dem Senat in Gänze mehrfach zu geringe Anstrengungen vorgeworfen. Der Solarausbau war nur ein Knackpunkt, wenn auch ein bedeutender. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) setzte ebenfalls ein Irrlicht, als er mehrfach darauf hinwies, dass man Windräder ja auch in Naturschutzgebiete bauen könne und solle.
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Windräder und Geothermie: Warum nicht im Hamburger Hafen?
Warum nicht lieber und vor allem schneller ein paar mehr Windenergieanlagen in das Hafengebiet setzen? Die Hamburg Port Authority ist Herrin unzähliger Flächen. Warum nicht einen Zacken rasanter von dort Industrieabwärme intelligent mit Geothermie koppeln und Haushalten zur Verfügung stellen, wie es in Wilhelmsburg zum Teil bereits geschieht?
Das sind dann immer mal wieder hier hundert, da hundert Wohnungen und Häuser, die kein Öl oder Gas brauchen. Die großen Würfe, die Visionen von einer nachhaltigen globalen Lebensweise sind gleichermaßen ehrenwert wie den Bürgerinnen und Bürgern schwer vermittelbar. Das KISS-Prinzip kommt beim einfachen Energiesparer mit Balkon oder Terrasse besser an: Keep it simple and stupid! Auch Klein-Klein macht Klimaschutz.