Silvester I. gab als Tagesheiliger seinen Namen als Gattungsbezeichnung für den 31. Dezember. Wer hinter anderen Begriffen steckt.

Um mit der Rechtschreibung zu beginnen: „Silvester“ schreibt man amtlich mit „i“ und nicht mit Ypsilon. Wer nicht vom Ypsilon lassen kann, unterliegt häufig einer Mischung aus Nostalgie und Unsicherheit. Zwar befindet sich das Ypsilon recht weit hinten im Alphabet und gilt den einen als verstaubt und anderen dagegen als vornehm, doch als Name ist „Sylvester“ heutzutage überholt.

Vielleicht heißt laut Geburtsurkunde ein Einödbauer in einem Alpental noch so, aber als Bezeichnung des letzten Tages eines Jahres sagen und schreiben wir standardsprachlich im Norden „zu Silvester“, in Süddeutschland hingegen „an Silvester“.

Silvester: Der 31. Dezember erinnert an zwei weitere Heilige

Die Bezeichnung „Silvester“ ist die Kurzform für den Namenstag mit einem Tagesheiligen namens Silvester am 31. Dezember. In der katholischen Kirche – als Lutheraner verzeihe man mir den Ausdruck – „wimmelt“ es von Heiligen, die gar nicht alle in den 365 Tagen eines Jahres untergebracht werden können, sodass manche Daten doppelt oder dreifach besetzt werden müssen.

Auch der 31. Dezember erinnert an drei Heilige, nämlich an Melania die Ältere (342–409 n. Chr.), an Catherine Labouré (1806–1876) und vor allem an Papst Silvester I. (314 bis 335 n. Chr. Bischof von Rom). Er war der erste Papst, der die Katakomben in Rom verlassen konnte, weil Kaiser Konstantin (der Große) nach seinem Sieg an der Milvischen Brücke mit dem christlichen Zeichen auf den Schilden seiner Legionäre (312 n. Chr.) die Religionsfreiheit für das Römische Reich verkündet hatte. Silvester unterstützte das erste Konzil der Christenheit, zu dem Konstantin 325 nach Nicäa bei Byzanz eingeladen hatte und auf dem die bis heute gültige (westliche) Datierung des Osterfestes geregelt wurde.

Silvester und weitere bekannte Eponyme

Silvester selbst nahm nicht an dem Konzil teil. Damals reiste man noch nicht so einfach oder leichtsinnig über das Mittelmeer. In das Pontifikat Silvesters fiel auch die sogenannte Konstantinische Schenkung, mit der der Kaiser dem Papst angeblich die weltliche Macht über den Kirchenstaat und die Westhälfte des Römischen Reiches übertragen haben sollte. Diese Urkunde entpuppte sich allerdings als die größte Fälschung der Weltgeschichte vor den Hitler-Tagebüchern.

Wenn wir heute von „zu, bis“ oder „nach Silvester“ sprechen, meinen wir nicht die Biografie eines frühen Papstes. Vielmehr ist sein Name unabhängig von seiner Person zum Synonym für den 31. Dezember und darüber hinaus zum Symbol für das Ende eines Jahres geworden. Wenn sich Begriffe von einer bestimmten Person lösen und zur allgemeinen Gattungsbezeichnung werden, haben wir es mit einem Eponym zu tun (zu griech. „seinen Namen woher habend“).

Wir sagen zu einem Luftschiff „Zeppelin“, weil Ferdinand Graf von Zeppelin diese fliegenden Zigarren als Erster gebaut hat. Die bekanntesten Eponyme sind wohl der „Duden“ (Rechtschreibwörterbuch), benannt nach Konrad Duden, und der Knigge (Sammlung von Verhaltensregeln) nach Adolph Franz Friedrich Ludwig Freiherr Knigge. Der alte Herr Knigge war übrigens so begeistert von der Französischen Revolution, dass er das „von“ ablegte, dann aber ernüchtert, weshalb er den „Freiherrn“ behielt.

Wer hinter Silhouette und Boykott steckt

Wenn wir an der Zapfsäule „Diesel“ tanken, so deshalb, weil Rudolf Diesel den entsprechenden Motortyp in unserem Auto entwickelt hat. Wilhelm Conrad Röntgen entdeckte Strahlen, mit denen Menschen „durchleuchtet“ werden können, und seitdem sind im Krankenhaus Millionen von Patienten „geröntgt“ worden.

Beim Blick über Landschaft und Städte sprechen wir von einer unverwechselbaren „Silhouette“, vielleicht ohne zu wissen, dass hinter diesem Ausdruck der Name Étienne de Silhouette steckt, der, um die Kosten für teure Gemälde zu sparen, in seinem Schloss Scherenschnitte nur mit den Umrissen des Dargestellten aufhängen ließ.

Der „Boykott“ geht auf Charles Cunningham Boycott zurück. Das war ein britischer Gutsverwalter in Irland, der sich so verhasst machte, dass ihm alle Geschäftspartner kündigten. Er wurde „boykottiert“, und zwar so erfolgreich, dass sich sein Name als Eponym blitzschnell um den Erdball verbreitete.

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