Die Hansestadt muss neue Anreize für Talente schaffen. Die Initiatoren des Hamburg Konvents haben gute Ideen.

Sie benennen Hamburgs Probleme treffend, würdigen bereits erreichte Fortschritte – und leiten daraus eine ermutigende Vision für die Zukunft der Hansestadt ab: Die Initiatoren des Hamburg Konvents haben ein Papier vorgelegt, das hoffentlich viele Menschen lesen werden, insbesondere die Adressaten im rot-grünen Senat und in der Bürgerschaft.

Schon die Bezeichnung der Thesen als „Handlungsanregung“ auf dem Titelblatt gibt den Ton vor: nicht einseitig und besserwisserisch, sondern differenziert und kon­struktiv analysiert das Autorentrio die Lage. Das ist gut so, geht es doch um enorme Beharrungskräfte, die es zu überwinden gilt, und um ein damit verbundenes Hamburger Heiligtum: den Hafen.

Hafen spielt langfristig immer unwichtigere Rolle

Dessen Schlagkraft im internationalen Vergleich schwächelt bekanntlich, er verliert Wettbewerbsanteile an Konkurrenten. Deshalb ist der Hafen aber keineswegs abgeschrieben. Er dürfte auf absehbare Zeit wichtig bleiben für die Wirtschaftskraft der Stadt. Ein signifikantes Wachstum des Hafens ist allerdings unwahrscheinlich. Er entfaltet keine Strahlkraft mehr, wird künftig nicht jener große Magnet sein, der viele Talente und Fachkräfte nach Hamburg zieht.

Weil das wegen der langen maritimen Tradition der Stadt nicht für alle leicht zu akzeptieren ist, schlagen die Konvent-Autoren ein Gedankenspiel vor: Gäbe es den Hafen nicht – mit welchem Pfund wucherte Hamburg dann, wie lautete die Werbebotschaft, um kluge Köpfe aus aller Welt anzulocken?

Hamburg sollte mehr in Wissenschaft investieren

Ähnlich wie etwa die Metropolen Berlin und München, London, Boston und San Francisco gibt es auch in Hamburg ein großes Potenzial für Wissenschaft, Forschung und Entwicklung. Der Exzellenztitel der Universität Hamburg ist ein Beleg dafür. Auch die Forschung rund um das Desy stehen für Hamburgs zunehmende Bedeutung als Stadt der Wissenschaft. Die Grundfinanzierung der staatlichen Hochschulen ist gewachsen, wenn auch weniger üppig als von den Präsidien erhofft.

Mit neuen Gebäuden für Grund­lagenforscher und Start-ups in Bahrenfeld schreiten Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft voran.

TUHH noch weit vom Senatsziel entfernt

Mitunter ist der rot-grüne Senat allerdings trotz großer Ankündigungen zu kurz gesprungen. Anfang 2017 hieß es, die Hansestadt solle zu einem „Topinformatikstandort“ werden. Seitdem ist weniger als die Hälfte der geplanten 35 neuen Professuren besetzt worden.

Anfang 2018 erklärte der Senat, die Technische Universität Hamburg solle perspektivisch zu den neun führenden deutschen technischen Unis aufschließen. Davon ist die Ingenieursschmiede in Harburg immer noch ein gutes Stück entfernt – weil es an den nötigen Mitteln mangelt, nicht am Willen.

Kreativität für den Hamburger Hafen gefragt

Vor diesem Hintergrund wäre es fragwürdig, weiter jährlich etwa 300 Millionen Euro in den Hafen zu stecken, aber bei der Förderung von Forschung und Entwicklung halbherzig zu agieren.

Mindestens einen Teil der Hafenmittel sollte Hamburg in Wissen investieren. Die Konvent-Autoren machen einen guten Vorschlag, wie sich die Ansiedlung von Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen noch fördern ließe: durch günstige Mieten für freie Hafenflächen. Tüftelten dort junge Talente aus verschiedenen Disziplinen, würde das den Hafen aufwerten – und Hamburgs Attraktivität steigern.

Im Übrigen lässt sich der Hafen mit Kreativität selbst in komplexe neue Hightech-Forschung einbinden: Der Senat fördert mit 25 Millionen Euro Arbeiten zu Quantencomputern – darunter das Projekt „Quantencomputing“ für die Schifffahrt und die maritime Logistik in Hamburg.