Hamburg. Eine Pause vom Hamburger Immobilienmarkt ist bitter nötig. Entkommen kann man der Lage im Umland nicht. Wie weit müsste man gehen?
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich brauche diese Woche mal Pause vom Hamburger Immobilienmarkt. Hohe Preise, geringes Angebot, steigende Zinsen – es ist doch zum Davonlaufen. Denkt sich wohl auch so mancher Makler. Kürzlich hatte ich zu einem Kontakt, der gerade keine hiesigen Wohnungen besichtigen ließ, sondern Hausboote.
Mit einem Startpreis von rund 150.000 Euro seiner Ansicht nach eine super Möglichkeit, sich in diesen Zeiten zumindest eine Ferienwohnung zuzulegen, und zwar mit garantiertem Wasserblick. Wolle man so etwas an Land in Scharbeutz oder Timmendorfer Strand, komme man nicht unter 10.000 Euro den Quadratmeter weg. Der kleine Haken: Es sei schwierig, einen Dauerliegeplatz für sein schwimmendes Domizil zu finden. Haus oder Hausboot, irgendwas ist ja immer.
Immobilienmarkt: Wohnen auf dem Wasser oder auf Rädern
Die einen flüchten aufs Wasser, die anderen auf die Straße. Eine Freundin hat den Hauskauf jetzt offiziell aufgegeben. Statt in eine Immobilie haben sie und ihr Mann das übrigens clever durch den Kauf einer kleinen Wohnung in jungen Jahren verdreifachte Eigenkapital jetzt in einen Bulli investiert. Sie wohnen also weiterhin zur Miete in der Stadt, wollen aber, sooft es geht, in ihrem neuen Zuhause auf Rädern leben. Auch eine Möglichkeit, dem Hamburger Markt zu entkommen. Vorausgesetzt, das Benzin reicht.
Eine Auszeit bietet auch eine große Immobilienfirma: Sie lädt alle Kunden zur „Schleswig-Holstein-Woche“. Bei „kühlen Getränken und typisch nordischen Spezialitäten“ erzählen Experten in den Hamburger Filialen alles zum Thema Wohnen im Nachbarland. Weg aus der engen Metropole, rein ins Reetdachglück an der Küste – die Vorstellung ist verlockend wie nie.
Immobilien im Umland: Penthouse und Stadtpalais
Also direkt mal durch die in der Einladung aufmerksamerweise mitgeschickten Immobilienangebote gucken: Penthouse am Husumer Hafen, drei Zimmer, 105 Quadratmeter, 950.000 Euro. Stadtpalais aus dem Jahr 1717 in Flensburg, neun Zimmer, 1000 Quadratmeter Grundstück, 1,9 Millionen Euro. Historisches Stadthaus in Lübeck mit jahrhundertealten Deckenmalereien und zehneinhalb Zimmern für 2,2 Millionen Euro. Das sind doch mal realistische Alternativen zu Hamburg.
Aber wie schreibt ein anderer Immobilien-Anbieter? „Leben Sie Ihren Traum!“ Und zwar mit einer Reetdachvilla auf Rügen. Denn „wenn maritimer Charme, moderner Luxus und traumhafte Lage zusammenkommen, dann verbinden sich Lebensqualität und Geldanlage“. Zwei zum Preis von einem quasi, also worauf warten wir noch! Allerdings: Eine dieser exklusiven Doppelhaushälften mit rund 125 Quadratmetern und Outdoor-Whirlpool gibt es ab 1,2 Millionen Euro. Das ist dann doch mehr ein Halbes zum Preis von zwei.
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Aber wer will schon ein Ferienhaus. „Urlaub in den eigenen vier Wänden“ macht doch nur Arbeit. Anstatt auf der Sonnenliege auszuruhen, werden die Terrasse gekärchert und der Kühlschrank geputzt. Das kann man auch zu Hause haben. Andererseits, eine Ferienwohnung an Nord- oder Ostsee ist zur Urlaubszeit ja fast so schwer zu bekommen wie eine Mietwohnung in Hamburg. Und kostet dann genauso viel wie die Monatsmiete – allerdings pro Woche.
Insofern macht Davonlaufen doch keinen Sinn. Mal sehen, vielleicht fühlen wir uns alle ein wenig besser, wenn wir die Lage in Hamburg mit der in internationalen Metropolen vergleichen. Da ist doch alles noch viel schlimmer. Um den Kunden das bewusst zu machen, hat das Maklerbüro, bei dem eigentlich ein Suchauftrag für Hamburg hinterlegt ist, vermutlich neulich folgende Angebote verschickt: 65 Quadratmeter mit einem Schlafzimmer in London für 1,3 Millionen Euro.
49 Quadratmeter für 875.000 Euro in Wien. Oder das 124-Quadratmeter-Apartment in Barcelona für 1,8 Millionen Euro. Allerdings inklusive gemeinschaftlicher Luxus-Dachterrasse mit Garten und Swimmingpool. Es gibt Menschen, die können diesen Traum leben. Und haben vermutlich zudem noch ein Haus an der Küste. Und ein Boot, mit Liegeplatz. Und, geht’s besser?