Hamburg. Bildungspläne von Schulsenator Ties Rabe (SPD) müssen ein Bekenntnis zur Leistung enthalten und gesellschaftliche Veränderungen tragen.
Es liegt erst ein paar Jahre zurück, dass über das Hamburger Schulsystem meist schlecht geredet wurde. Von den Hamburgerinnen und Hamburgern selbst, von Eltern, aber auch von der Wirtschaft, die die erheblichen Mängel vieler Schulabgänger in den Basisqualifikationen Lesen, Schreiben und Rechnen beklagten. Und auch bundesweit stand es schlecht um das Renommee des hiesigen Bildungssystems.
Das Hamburger Abitur zum Beispiel sei viel weniger wert als etwa das bayerische, lautete eine durchaus auch partygängige These. In München, Augsburg und Nürnberg würde noch „richtig gelernt“, an Elbe und Alster bekämen junge Leute das Abschlusszeugnis quasi hinterhergeworfen, zumal an den früheren Gesamt- und späteren Stadtteilschulen. Wie sei sonst die hohe Abiturquote in Hamburg Jahr für Jahr zu erklären? Und die ersten Schülerleistungsvergleiche in der Folge des PISA-Schocks stützten diese Sichtweise sogar.
Hamburgs Schulsystem holt auf
Inzwischen gehen den Kritikerinnen und Kritikern die Argumente aus. Hamburg hat sich in den Länderrankings nach vorne gearbeitet und belegt insgesamt einen Mittelplatz, im Englischen ist es inzwischen sogar eine der Toppositionen. Welch eine erfreuliche Wandlung!
Und diese Leistungssteigerung im Laufe weniger Jahre ist umso bemerkenswerter, als die Hamburger Schülerschaft heterogener ist als etwa ihr bayerisches Pendant. Rund ein Drittel der Hamburger Schüler spricht zu Hause kein Deutsch, viele Kinder wachsen in einem familiären Umfeld auf, das ihnen nicht besonders viel Rückenwind fürs Lernen bietet. Diese Defizite zu kompensieren ist eine Leistung der Lehrerinnen und Lehrer. Dass Hamburg aufgeholt hat, liegt nicht zuletzt an den Stadtteilschulen, die erheblich besser ausgestattet sind als die anderen Schulformen, um ihre Schülerschaft gezielter und individueller fördern zu können.
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Um nur beim Abitur zu bleiben: Entscheidend für die positive Entwicklung sind auch die Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen: Alle Hamburger Abiturienten schreiben die gleichen Prüfungsklausuren. Die These, dass das Abitur an Stadtteilschulen weniger wert sei, lässt sich nicht mehr aufrechterhalten. Und angesichts der bundesweit gleichen Prüfungselemente in den Hauptfächern können die Hamburger ebenfalls mithalten. Man kann es auch so ausdrücken: Der höhere Grad an Verbindlichkeit und Vergleichbarkeit ist ein Schlüssel für den Erfolg.
Allerdings gibt es weiterhin Schwachpunkte und Probleme: Mathematik ist immer noch ein Krisenfach, und es gibt unübersehbare Defizite in der Rechtschreibung. Wenn jetzt über die Neufassung der Bildungspläne diskutiert wird, dann darf der Kurs der Verbindlichkeit der Lerninhalte, die für alle Vergleichbarkeit und damit mehr Bildungsgerechtigkeit schafft, nicht preisgegeben werden.
Bildungspläne müssen modernen Unterricht ermöglichen
Das gilt auch für die Prüfungen und die Notengebung: Eine stärkere Gewichtung des Schriftlichen, die die Bildungsplanentwürfe von Schulsenator Ties Rabe (SPD) vorsehen, legt das Augenmerk auch auf die Bedeutung der Rechtschreibung, die in der digitalen Welt keineswegs zur Nebensache geworden ist. Grundsätzlich gilt: Das Schulsystem muss den gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung tragen. Es ist die Aufgabe der neuen Bildungspläne, moderne Formen des Unterrichts zu ermöglichen, aber auch für neue Schwerpunkte wie Inklusion, Nachhaltigkeit und Digitalisierung den Rahmen zu schaffen. Nur sollte dabei nicht der erfolgreiche Kurs der behutsamen Leistungsorientierung über Bord geworfen werden.