Hamburg. Trennungen sind keine Stärke des FC St. Pauli. Der Abschied von Himmelmann wurde ihm weder gerecht noch war er besonders menschlich.

Es gibt im Sport manchmal Zufälle, die könnte man sich nicht besser ausdenken. Am Mittwoch dieser Woche war es wieder einmal so weit. Ausgerechnet an dem Tag, als der FC St. Pauli per „einvernehmlicher“ Vertragsauflösung die vorzeitige Trennung von Robin Himmelmann – seinem bis zu diesem Zeitpunkt mit achteinhalb Jahren dienstältesten Fußballprofi – vollzog, feierten zwei andere ehemalige Angestellte des Clubs, die ähnlich unwürdig vom Hof gejagt worden waren, rund 90 Kilometer weiter nördlich einen bundesweit beachteten Coup. An der DFB-Pokal-Sensation von Holstein Kiel gegen den FC Bayern München hatten auch St. Paulis früherer Kapitän Fabian Boll als Co-Trainer des Siegerteams und Ex-Sportchef Uwe Stöver, der diese Funktion jetzt erfolgreich in Kiel ausübt, einen gewissen Anteil.

Es passte zudem ins Bild dieses Tages, dass in Person von Fin Bartels ein weiterer früherer St. Paulianer den zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich und zum guten Ende sogar den Siegtreffer im Elfmeterschießen erzielte. Nun war Bartels, als er im Sommer 2014 vom Millerntor zu Werder Bremen wechselte, um in der Bundesliga seine Karriere voranzutreiben, keineswegs vom FC St. Pauli verjagt worden. Ein bisschen weh taten seine Tore den Anhängern des Kiezclubs jetzt dennoch. Schließlich hatte Holstein Kiel den immer noch flinken und technisch beschlagenen Offensivspieler Anfang August erst verpflichtet, nachdem Kiels Sportvorstand Uwe Stöver aus dem ­Finanzpoker um Daniel-Kofi Kyereh ausgestiegen war, weil dessen Gehaltsvorstellungen zu hoch waren. Dieser kam stattdessen bekanntlich beim FC St. Pauli unter und hat hier seit dem zweiten Spieltag Ende September kein Tor mehr erzielt.

Unwürdige Ablösung von Torwart Causa Himmelmann

Dies aber ist nur eine Randnotiz im Vergleich zur Causa Himmelmann und vor allem zum Umgang mit ihm seit seiner Ablösung als Torwart Nummer eins Anfang Dezember. Zunächst war er erster Ersatzmann, dann nicht einmal mehr im 20-Mann-Spielkader, und schließlich folgte der Ausschluss vom Mannschaftstraining – eine absurde und unwürdige Eskalation, die allein dem Ziel folgte, ihn möglichst schnell zur Flucht zu bewegen, nachdem man in Dejan Stojanovic eine neue Nummer eins für das Tor gefunden hatte.

Es ist bedauerlich, dass Trainer Timo Schultz dieses ganz offenbar von Sportchef Andreas Bornemann initiierte Spiel mitgemacht hat. Gleichzeitig ist dieses Verhalten des Profitrainerneulings auch verständlich, denn angesichts des 17. Tabellenplatzes ist Schultz mehr denn je darauf angewiesen, dass Bornemann ihn weiterhin für den richtigen Mann am Spielfeldrand hält und nicht fallen lässt.

Kritik am FC St. Pauli - doch nicht so menschlich?

Nun hat die Führung des FC St. Pauli, auch in anderer personeller Besetzung, schon in der Vergangenheit mehrmals kein gutes Bild im Umgang mit langjährigen und verdienten Spielern abgegeben. Himmelmann kann sich also einordnen in eine Reihe mit Fabian Boll, Sören Gonther, Sebastian Schachten oder auch Philipp Heerwagen, um nur einige zu nennen. Auch der Eier­tanz im vergangenen Sommer um die Weiterbeschäftigung von „Fußballgott“ Jan-Philipp Kalla war gewiss kein Ruhmesblatt.

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Das alles wiegt beim FC St. Pauli allein deshalb immer noch etwas schwerer, weil sich dieser Club selbst gern als der etwas andere Profiverein definiert, bei dem die menschliche Seite angeblich eine größere Bedeutung als bei Mitbewerbern genießt. Davon allerdings war im Fall Himmelmann nun wirklich nichts zu erkennen. Es war vielmehr eine personalpolitische Schmierenkomödie, in der es einzig um die vorzeitige Entsorgung eines Mitarbeiters ging, dem man vom kommenden Sommer an, was allerdings absolut legitim ist, ohnehin keinen neuen Vertrag geben wollte.

Am Ende gibt es in dieser Sache aber fast nur Verlierer.  Der eine verlor seinen Job, der Verein eine sechsstellige Summe – Stichwort Abfindung –, und die sportlich Verantwortlichen büßten vor allem massiv an Ansehen ein.