Hamburg. Unser Kolumnist über eine Art Merkel in modern und was wir von Tante Cindy lernen können.

Ich gestehe: Ich möchte weiterhin von einer Frau regiert werden. Man muss sich nur die traurige Troika Merz/Laschet/Röttgen anschauen, um eine Blitzeinbürgerung für Tante Cindy zu beantragen.

Die Älteren erinnern sich an 1994, als schon mal ein Trio zur Wahl stand, das damals die Zerissenheit der SPD repräsentierte. Der Kompromisskandidat Scharping holte 36 Prozent bei der Bundestagswahl.

Alles Gute, Norbert Röttgen. Warum gibt es für Politikerinnen nicht diese Ausleihe wie bei Fußballern? Mit den Millionen, die das depressionssichere Finaljahr von Jogi Löw kostet, könnte man Frau Ardern locker einen Vierjahresvertrag ermöglichen. Jacinda Ardern, von Freund und Feind „Tante Cindy“ genannt, regiert Neuseeland und ist eine Art Merkel in modern.

Na gut, bei Mieten, Kinderbetreuung und Klimaschutz bekommt sie keine guten Noten, aber das soll in den besten Regierungen vorkommen. Was die 40-Jährige beherrscht, ist die Kunst der empathischen Kommunikation. Sie hat das Land nach dem Attentat von Christchurch zusammengehalten, vor allem aber hat sie Neuseeland zügig coronafrei bekommen.

Ist ja auch ein Inselstaat, wenden Geografieexperten ein. Aber: Dann müsste England auch langsam sauber sein. Ardern hat der deutschen Kanzlerin zwei Fähigkeiten voraus. Erstens kann sie Schlachtrufe. Unter dem Motto vom „Team Neuseeland“ hat sie ihren Bürgern ein einfaches, wirkmächtiges Selbstbild gegeben.

Zweitens, und noch wichtiger: Ardern predigt „ Kindness“, ein Wort, das Liebenswürdigkeit, Höflichkeit sowie Rücksicht einschließt, garniert mit einer Prise Sanftheit.

Wir werden uns im neuen Jahr über alles weiter streiten, über Klima, Gerechtigkeit oder Viagra im Trinkwasser. Aber wir könnten dieses Jahr mehr Kindness wagen, wie in einem guten Team, wo jeder und jede das Gelingen der gemeinsamen Mission zum Ziel hat und andere behandelt wie man selbst behandelt werden will.

Also, einziger guter Vorsatz: mehr Kindness, bevorzugt denen gegenüber, die überhaupt nicht damit rechnen.