Hamburg. Schlechte Laune stammt aus der Steinzeit: Negativ zu denken rettete Leben. Heute sollten wir lieber auf Albert Einstein hören.

Neulich hatte ich gute Laune. Ich weiß nicht, warum. Vielleicht wurde mir eine Johanniskrautkapsel in den Morgenkaffee geschmuggelt. Gute Laune ist kein Privileg der Schönen und Reichen, jeder kann sie haben, auch wenn das Leben bisweilen böse ist.

Leider ist die gute Laune auch ein scheues Ding. Mir genügte der Gang zum Kiosk, um sie zu verscheuchen. Obwohl es trocken war und fast sonnig, machten Mitmenschen muffelige Gesichter. Am Zeitungsstand die üblichen Klagen über Politik, Wetter, Gesamtsituation. Meine Morgenlaune verwandelte sich in Alltagsmotzigkeit. Ich war angesteckt worden. Psychologen sprechen von emotionaler Infektion. Kein Quatsch, nicht nur Viren infizieren, sondern auch Stimmungen. Aber warum lachen dann nicht alle mehr? Weil negative Launen stärker wirken. Das liegt an der Steinzeit.

Warum wir bis heute schlechte Nachrichten aufsaugen

Negative Nachrichten („Diese Schlange ist giftig“) retteten unser Leben, positive Informationen dagegen („Diese Schlange ist harmlos“) waren nett, aber nicht weiter wichtig. Deswegen saugen wir bis heute schlechte Neuigkeiten auf. Könnte ja was Wichtiges dabei sein. Dummerweise drehen wir damit gemeinsam an einer Abwärtsschraube.

Es ist wie mit dem Virus: Der Gesunde hat keine Chance gegen den Infizierten; Lächeln verliert gegen Grummeln. Und es wird noch schlimmer. Der Psychologe John Gottman hat ermittelt, dass glückliche Paare fünfmal mehr nette Botschaften austauschen als normale.

Lächeln nicht für den Weihnachtsabend aufsparen

Ehrlicher Selbsttest: Wann haben wir die sogenannte Gottman-Konstante zuletzt erfüllt, also Partner, Kindern, Kollegen oder Nachbarn fünfmal mehr Nettigkeiten als Maulereien spendiert? Wahrscheinlich niemand, außer dem Dalai Lama.

Ein fröhliches Lächeln ist also nichts, was man sich für den Weihnachtsabend aufsparen sollte, sondern vielmehr eine emotionale Impfung für alle, die wir überall, immer und allen verabreichen können, umsonst und ohne Nebenwirkungen. „Wenn schon denken, warum nicht gleich positiv“, hat Albert Einstein gesagt. Ebenso gilt: Wenn schon fühlen, dann möglichst gut.