Hamburg. Großveranstaltungen bleiben wegen der Corona-Krise bis Ende Oktober verboten. Wie geht es nun für Tourismus und Gastronomie weiter?

Die Hoffnung stirbt zuletzt: Gestern Mittag dürften viele Hoteliers, Gaststätten, Restaurants, Veranstalter und Kulturbetriebe ihren Optimismus zu Grabe getragen haben, dass dieses wirtschaftlich wie kulturell schreckliche Jahr noch irgendwie zu retten wäre. Trotz sinkender Infektionszahlen bleiben Großveranstaltungen wegen der Corona-Krise bis Ende Oktober verboten. Darauf einigten sich die Bundesregierung und die Regierungschefs der Länder nach zähem Ringen.

Damit fallen nicht nur die traditionellen Herbstveranstaltungen aus wie Jahrmärkte, Stadtteil- oder Volksfeste, sondern auch alle Großveranstaltungen, die aus dem Frühjahr wegen Corona in den September oder Oktober verschoben worden sind. Die Hoffnungen, traditionsreiche Veranstaltungen in den Herbst zu retten, sind zerstoben.

Verbot von Großveranstaltungen: ein ökonomisches Desaster

Die Folgen für den Tourismus und das Gastgewerbe sind dramatisch. Es fallen nicht nur viele dringend benötigte Übernachtungen weg, auch die aufwendige Arbeit, Großereignisse zu verschieben, war umsonst. Und nun müssen voraussichtlich wieder viele Buchungen rückabgewickelt werden, weil der Anlass der Reise, egal ob es der Marathon oder ein Fußballspiel war, entfällt. Das ist ein ökonomisches Desaster. Die Zahl der Firmen, die damit einen erhöhten Liquiditätsbedarf haben, wird steigen.

Und langsam werden sich manche Unternehmer die Frage stellen, ob es überhaupt sinnvoll ist, wieder zu öffnen. Solange es keinen Impfstoff in ausreichender Dosis gibt – und der dürfte frühestens 2021 verfügbar sein –, sollte man nicht mit einer Rückkehr zum alten Leben rechnen. Massenveranstaltungen bergen ein unkalkulierbares Risiko: Die Einhaltung von Hygieneregeln ist kaum möglich, eine Kontaktverfolgung extrem schwierig.

Ein Leben wie vor Corona gibt es vorerst nicht

Und trotz aller Erfolge im Kampf gegen Corona zeigen die Neuinfektionen in Schlachthöfen oder bei Gottesdiensten, dass immer noch dramatische Ausbreitungen möglich sind. In dieser Situation scheint es fahrlässig zu sein, Fußballstadien zu öffnen, Sportereignisse zu ermöglichen oder Großkonzerte zu erlauben. Ein Leben wie vor Corona gibt es vorerst nicht.

Trotzdem gilt zugleich: Zwischen den Festen mit Zehntausenden und Veranstaltungen mit einigen Hundert Gästen liegen Welten. Eine lebensfrohe und optimistische Gesellschaft muss gewisse Risiken eingehen dürfen. Wir können nicht das gesamte öffentliche Leben einfrieren, bis ein Impfstoff gefunden ist. Wir benötigen den Mut zu Versuch und Irrtum. Noch wissen wir wenig über das Virus und müssen herausfinden, was geht – und wann und wo die Risiken unkalkulierbar werden. Wir können weitere Lockerungen wagen. In einem föderalen Staat, der zudem unterschiedliche Infektionsraten hat, können wir individuelle Lösungen ermöglichen.

Freiheit oder Datenschutz? Wir sollten uns entscheiden

Und noch etwas sollte gelten: In einem Land, das noch immer Grundrechte außer Kraft setzt, das Verordnungen beschließen muss, die Hunderttausende wirtschaftlich gefährden, kann nicht ein Wert über allem stehen – der Datenschutz gilt nicht absolut. Er kann kein Argument sein, die notwendige Nachverfolgung zu behindern. Schon die Debatte der vergangenen Wochen zeigt, dass manchen die Maßstäbe völlig verrückt sind: Wir schließen Schulen, Schwimmbäder, Kirchen und Konzerthäuser, wir ruinieren Gastronomen und Hoteliers, aber manche halten eine App auf dem Handy für Freiheitsberaubung.

Die Menschen verlangen nach Freiheiten, danach, mit Freunden zu feiern, Zerstreuung im Kabarett oder auf kleinen Märkten zu finden. Diese Freiheit macht ein Land lebenswert – und wenn wir uns am Ende zwischen diesen Freiheiten und dem Datenschutz entscheiden müssen, sollten wir das tun.