Immer montags wollen wir an dieser Stelle auf Kritik an der Berichterstattung, auf Wünsche, Fragen und Debatten eingehen.

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freundinnen und Freunde des Hamburger Abendblatts,

es gehörte in unserem ersten großen Interview der Coronakrise natürlich auch in den Fragenkatalog an den Kultursenator: Hat Carsten Brosda, wenn jetzt also keine Grußworte mehr zu sprechen sind, keine Festivals zu eröffnen, keine Premieren zu besuchen, mehr Zeit? Zum Lesen? Zum Netflixen gar? Hat er nicht, kam die Antwort prompt (und für uns, ehrlich gesagt, nicht gänzlich überraschend). Die Kulturszene ist ja nicht in der Sommerpause. Sie musste – wie wir alle – gerade mitten in der Saison eine ziemliche Vollbremsung hinlegen. Und das hat Folgen.

Bucerius Kunst Forum: Heute nur Lieblingsstücke (4/4)

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    Ganz ähnlich ergeht es uns hier in der Kulturredaktion. Keine Konzerte, kein Theater, keine Probenbesuche? Ja, der Alltag wird schon ziemlich durchein­andergewirbelt. Arbeit allerdings haben wir (und wir gestehen, dass uns das beim gelegentlichen Luftholen manchmal selbst verblüfft) fast mehr als zuvor. Denn zum einen hat sich sehr schnell herausgestellt: Kultur ist systemrelevant. Erst recht systemrelevant!

    Wer nur Nachrichten verfolgt, wird vermutlich irgendwann verrückt

    Literatur kann Orientierung bieten, und wie sehr brauchen wir gerade jetzt die tröstliche Kraft der Musik. Wer immer nur die Nachrichten verfolgt, wird vermutlich irgendwann verrückt. Umso entscheidender wird die Bedeutung der Kultur als Raum für Reflexion, Utopie und, ja, durchaus auch als Fluchtmöglichkeit – auch wenn der Weg der Kunst nun oftmals ein anderer sein muss. Aber wer, wenn nicht die Kreativen, könnte die Zeit der verordneten Geduld, der Angst und Solidarität nun besser begleiten, manchmal im größerem Zusammenhang sinnstiftend, manchmal ganz pragmatisch.

    Hamburger Kunsthalle: Kuratorin Sandra Pisot präsentiert ihre Lieblingswerke (3/3)​

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      Eine spontane Idee wie die große Kirsten-Boie-Lese-Aktion des Abendblatts zum Beispiel, mit der viele Hamburger Schulkinder gerade getrennt, aber doch gemeinsam ein Buch lesen: Sie erreicht­ durch das Engagement des Lesefördervereins­ Seiteneinsteiger auch jene Familien, in denen Bücher eben nicht selbstverständlich zum Alltag gehören, in denen die Schließung von Schulen ganz andere Auswirkungen haben kann als nur Langeweile. Die Rückmeldungen sind phänomenal (danke dafür!) und machen auch uns sehr glücklich.

      Corona-Krise: Aufgeben gilt nicht!

      Und trotzdem: Ein Buch kann man auf dem Sofa oder auf dem Balkon in die Hand nehmen, eine CD zu Hause in den Player schieben. Das Live-Erlebnis jedoch, das gemeinsame Atmen, die Energie im Raum, der Rausch beim Tanzen, der erlösende, gemeinsame Applaus, das anschließende Beim-Wein-drüber-Sprechen fällt aus. Was hat das für Auswirkungen? Das kollektive Augenschließen ist in einem dunklen Theaterraum ein anderes als am Smartphone in der Wohnküche.

      Aufgeben aber gilt nicht: Die Buchhändler, mit denen wir im regen Austausch sind, erzählen, wie sie Romane per Lastenfahrrad ausliefern, das Thalia Theater zeigt auf seiner Webseite eine Premiere, die erstaunlich gut funktioniert, am Ernst-Deutsch-Theater wird jeden Tag Thomas Mann gelesen, am Schmidt Theater wird auch unter der Gürtellinie befreiend gelacht, Schauspielhaus-Chefin Karin Beier führt Garderoben-Interviews mit ihren Ensemble-Mitgliedern, ausgerechnet die Hamburger Kunsthalle stellt pünktlich zum 500. Todestag die deutschlandweit substanziellste Raffael-Datenbank ins Netz. All das begleiten wir.

      Wir stöbern für Sie

      Hamburger Kunsthalle: Kuratorin Sandra Pisot präsentiert ihre Lieblingswerke (2/3)​

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        Dazu starten gerade im besonders betroffenen Kulturbereich oder mit dessen Unterstützung unzählige Solidaritäts- und Hilfsinitiativen – es reicht vom kleinen Wilhelmsburger Schreibwettbewerb über die Einzelaktionen vieler Galerien, Bühnen, Künstler und Clubs bis zum großen Hilfsfonds der Hamburgischen Kulturstiftung, unter deren Dach etliche Hamburger Stifter und Mäzene rasant und großzügig Hilfe leisten. Mehr als 600.000 Euro kamen allein hier schon zusammen, ohne Öffentlichkeit sind diese Projekte kaum denkbar.

        Wir versuchen auch jetzt, Ihnen einen Überblick über den Dschungel all dieser neuen Formate und Aktionen zu verschaffen, wir wollen Anregungen geben, wir stöbern für Sie nach den besten Kinderhörbüchern oder nach Klassikern, die – wann, wenn nicht jetzt? – das Wiederentdecken lohnen. Und wir erzählen selbstverständlich, was hinter den Kulissen der Hamburger Kulturszene passiert.

        Unter www.abendblatt.de/zugabe können Sie sich übrigens für unseren kostenlosen Kulturnewsletter „Zugabe“ anmelden und bekommen dann jeden Donnerstag einen Überblick und reichlich Tipps frei Haus.

        Ach, und hören Sie doch unbedingt in unsere Literatur- und Klassik-Podcasts (www.abendblatt.de/podcast) hinein, und schauen Sie auch bei unserer eigenen „Digitalen Kulturreihe“ vorbei, in der jetzt regelmäßig lokale Musiker, Schriftsteller, Schauspieler für die Abendblatt-Leser auftreten.

        Wenn Sie schon nicht zur Kultur gehen können, bringen wir die Kultur eben zu Ihnen.