170.000 Unternehmer dürfen nun über das neue Plenum entscheiden – eine wichtige Wahl.

Hinter Journalisten, die sich mit der Hamburger Handelskammer beschäftigen, liegen drei spannende, ereignisreiche und arbeitsintensive Jahre. Die jüngste Geschichte der traditionsreichen Wirtschaftsvertretung erinnert an die legendäre Fernsehserie „Dallas“ aus den 1970er- und 1980er-Jahren. Intrigen, Machtkämpfe, Rauswürfe – wildes Texas am Adolphsplatz. Für die Medien war die Zeit nach den Plenumswahlen 2017 eine gute, urteilt man nur nach dem Unterhaltungswert der Darbietungen in der Kammer. Für Hamburgs Wirtschaft waren die vergangenen drei Jahre dagegen weitestgehend verschenkt – vor allem wenn man die Phase nach der Machtübernahme durch die sogenannten Rebellen inhaltlich beurteilt.

Wirtschaftspolitische Impulse gingen in den zurückliegenden mehr als 30 Monaten von der Kammer nicht mehr aus. Allerdings kann man dies den Möchtegern-Revolutionären kaum vorwerfen. Schließlich haben sie es von Beginn an abgelehnt, die Handelskammer zu einem Impulsgeber für Politik und Wirtschaft in der Stadt zu machen. Stattdessen setzten sie auf den Wahlkampfschlager „Wir schaffen die Kammerbeiträge ab“.

Dass sie dieses Versprechen nicht werden halten können, wurde den sogenannten Rebellen schnell klar, zügige Neuwahlen lehnten sie dennoch ab. Stattdessen regierten sie lieber weiter, zerstritten sich, jagten nicht nur ihren ehemaligen Anführer vom Hof, sondern demontierten – nach einer extrem kurzen Amtszeit – auch noch die von ihnen selbst ausgesuchte Hauptgeschäftsführerin. Darüber hinaus verunsicherten die neuen Herren am Adolphsplatz mit ihren zum Teil konfusen Sparvorgaben die fest angestellten Kammermitarbeiter.

Qualifizierte Beschäftigte suchten sich neue Arbeitgeber, wichtiges Know-how ging auf diesem Weg verloren. Am Adolphsplatz regierte über mehr als zwei Jahre das Chaos – das darf sich nicht wiederholen, denn ansonsten droht die Handelskammer für immer in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Und das wäre nicht nur schlecht für die einzelnen Betriebe, sondern für den Wirtschaftsstandort Hamburg insgesamt.

Von diesem Montag an haben nun rund 170.000 Unternehmer die Möglichkeit, das neue Plenum der Handelskammer zu wählen – ihre ganz persönliche Interessensvertretung. Und die Firmen sollten eifrig von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Denn es wäre für die gesamte deutsche Wirtschaft, die in den vergangenen Jahren über Hamburgs Handelskammer mitleidig den Kopf geschüttelt hat, bereits ein positives Signal, sollte die Wahlbeteiligung zumindest höher als 2017 ausfallen. Damit könnten die Firmen zeigen, dass ihnen ihre Kammer nicht egal ist.

Schaut man auf die Umgangsformen innerhalb der Handelskammer, so machen die vergangenen drei, vier Monate ein wenig Mut. Es ist ruhiger geworden im Plenum – und das ist mit Blick auf die unzähligen Intrigen aus der Zeit davor bereits als Erfolg zu werten. Zudem bemüht sich die Übergangsführung im Ehrenamt sogar darum, den einen oder anderen inhaltlichen Impuls zu setzen – auch wenn die Ideen meist sehr allgemein daherkommen. Nach dem Chaos regiert nun die große Unsicherheit, gepaart mit ein wenig Vernunft, die aber womöglich nur wegen des Wahlkampfes bei den Rebellen von einst Einzug hält.

Aus Sicht vieler Journalisten hätte die Fortsetzung des Chaos bei der Handelskammer in den kommenden Jahren durchaus Charme, könnten sie doch weiter viele unglaubliche Geschichten verfassen. Aber für Hamburgs Wirtschaft kann nur eines gelten: „Dallas“ am Adolphsplatz muss abgesetzt werden.