Hamburg. Die Proteste zeigen, wie groß die Not der Bauern ist. Stadtbewohner müssen ihrer Verantwortung gerecht werden.

Wie sehr sich Land und Stadt entfremdet haben, ließ sich am Dienstag an den Mienen vieler Hamburger ablesen. Als Bauern mit einer Sternfahrt den Verkehr lahmlegten, war das Staunen groß: Hunderte Trecker in der Innenstadt muten so exotisch an wie eine Ufo-Armada – und die Sorgen der Landwirte sind für viele Stadtbewohner so weit weg wie mancher Nahostkonflikt. Es soll Menschen in deutschen Metropolen geben, deren Bild vom Land von hirnlosen Shows wie „Bauer sucht Frau“ geprägt ist.

Fakt ist: Viele Landwirte fürchten längst um Haus und Hof – das Sterben der landwirtschaftlichen Betriebe droht sich nicht nur fortzusetzen, sondern noch an Geschwindigkeit zuzulegen: In nicht einmal 20 Jahren ist die Zahl der Bauernhöfe in Deutschland um 42 Prozent von 472.000 auf 275.000 zurück­gegangen. Schlechte Ernten durch die Dürresommer, strengere Düngeregeln im neuen Agrarpaket und das jüngste Freihandelsabkommen mit Lateinamerika machen vielen Bauern Angst – ihre ohnehin geringen Erlöse dürften weiter unter Druck geraten. Dabei ist eine regionale, am besten noch ökologisch orientierte Landwirtschaft ein Schlüsselfaktor im Kampf um ein besseres Klima. Für das Überleben des ländlichen Raumes ist sie ohnehin unverzichtbar.

Hamburg muss Bauern ernst nehmen

Die Stadtbewohner sollten sich die Mühe machen, die Sorgen und Probleme der Landwirte ernster zu nehmen – und Arbeit und Produkte der Bauern endlich mehr wertzuschätzen. Solange ein Liter Milch günstiger ist als ein Liter Cola; solange Verbraucher Äpfel aus Chile heimischen Früchten vorziehen; solange die Städter ihr Essen nicht auf dem Markt oder beim Gemüsehändler, sondern beim Discounter kaufen; solange der Preis wichtiger ist als die Qualität, so lange wird das Sterben der Höfe weitergehen.