Hamburg . In dieser Kolumne gehen wir auf Kritik an der Berichterstattung und Fragen ein. Und blicken hinter die Kulissen des Abendblatts.

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Freunde des
Hamburger Abendblatts,

immer montags beschäftigen wir uns an dieser Stelle mit Ihren Wünschen oder Ihrer Kritik. Wir wollen aber auch über die großen Leser(brief)-Debatten sprechen und unseren Leserinnen und Lesern Einblicke­ in unsere Arbeit geben, sowohl in die Art, wie wir recherchieren, als auch, wie das Abendblatt gemacht wird. Wenn Sie Anregungen haben, her damit, eine E-Mail reicht. Die Adresse lautet: chefredaktion­@abendblatt.de.

Heute geht es um eine Frage, die viele unserer Leser immer wieder und Leserbriefschreiber sogar oft ansprechen: Wonach wählt das Hamburger Abendblatt eigentlich die Leserbriefe aus, die auf dieser Seite veröffentlicht werden? Eins vorweg: Wir erhalten heute deutlich mehr Zuschriften als vor zehn oder 20 Jahren. Pro Monat sind es zwischen 8000 und 10.000, die allermeisten kommen natürlich als E-Mails. Neben den klassischen Pressemitteilungen machen die Briefe von Leserinnen und Lesern den größten Teil aus. Zu umstrittenen Themen – wie zuletzt der Diskussion um die SUV in Hamburg – gehen schon einmal mehr als hundert Meinungen in der Redaktion ein. Dazu kommen die Stimmen von Usern auf Facebook, Twitter oder Instagram, wo wir mehr als eine Viertelmillion „Freunde“ haben.

Soll heißen: Die Auswahl an Meinungen von den Menschen, die uns am wichtigsten sind, unseren Leserinnen und Lesern, ist groß. Deshalb haben wir den Platz für sie auf der Seite zwei vor kurzem noch einmal vergrößert. Und: Wann immer eine Diskussion intensiv ist und wir viele Briefe und unterschiedliche Meinungen dazu bekommen, veröffentlichen wir diese auf einer Sonderseite.

Was dort oder in den normalen Leserbrief-Spalten steht, entscheidet unsere Leserbrief-Redaktion nach klar festgelegten Kriterien. Das wichtigste: Die veröffentlichten Briefe sollen das Stimmungsbild aller Briefe widerspiegeln, die die Redaktion bekommt. Wenn von 100 Briefen 60 sich kritisch zu einem bestimmten Thema äußern und 40 Prozent eher wohlwollend, man in der Zeitung aber nur zehn veröffentlichen kann, dann erfolgt das im Verhältnis 6:4. Bei der Auswahl spielt natürlich auch die Länge eines Briefes eine Rolle: Je kürzer er ist, desto einfacher ist eine Veröffentlichung – auch, weil wichtige Gedanken des Autors nicht verloren gehen. Bei Briefen, die eine oder mehrere DIN-A4-Seiten lang sind, bleibt nichts anderes übrig, als zu kürzen und sich auf einen Aspekt zu beschränken – oder sie gar nicht abzudrucken.

Manchmal schreiben Leser, dass „Sie diesen Brief bestimmt nicht veröffentlichen, weil er sich kritisch zum Abendblatt äußert“. Das ist natürlich kein Kriterium. Es wäre ja auch noch schöner, wenn ausgerechnet wir als Redaktion keine andere Meinung und keine Kritik an unseren Texten und Produkten zulassen würden. Selbstverständlich lesen wir – und ich als Chefredakteur sowieso – solche Briefe, und genauso selbstverständlich werden diese veröffentlicht. Allein deshalb schon, weil wir dann erfahren, ob andere Leser die genannte Kritik teilen oder dazu etwas Gegenteiliges zu sagen haben.

Alle Briefe, die sich auf Texte bestimmter Autoren beziehen, werden an diese weitergeleitet. Werden Autoren von Lesern direkt angeschrieben, sollen sie diesen so schnell wie möglich antworten – von mir erhalten sie zum Beispiel in der Regel innerhalb von 24 Stunden eine Antwort. Für uns sind diese Reaktionen auf unsere Arbeit sehr wichtig, damit wir etwa Fehler, die wir gemacht haben, nicht noch einmal machen. Außerdem kann man gerade aus Leserreaktionen gut ableiten, über welche Themen wir mehr und über welche Themen wir weniger berichten sollten. Und auch, wo wir vielleicht in der falschen Richtung unterwegs sind. Bestes oder eher schlechtestes Beispiel war unsere Berichterstattung über die Bewerbung Hamburgs für die Olympischen Spiele 2024. Aus den Briefen unserer Leser konnte man weit vor dem Volksentscheid ablesen, dass sich die Stimmung in der Bevölkerung gedreht hatte.

Tatsächlich können über die Leserbriefe auch eine Art „Brieffreundschaften“ – ich hoffe, Sie verstehen mich jetzt nicht falsch – entstehen: also längere Kontakte zu Lesern, die oft wichtige Hinweise geben. Und natürlich gibt es auch Leser, die regelmäßig Briefe schreiben, einige sogar jeden Tag. Das freut uns, wie wir uns über jeden freuen, der sich so intensiv mit dem Hamburger Abendblatt auseinandersetzt. Angesichts der vielen Zuschriften müssen wir aber auch bei den Vielschreibern auswählen und darauf achten, dass ihre Briefe in einem angemessenen Verhältnis in der Zeitung erscheinen.

Habe ich noch etwas vergessen? Ach ja: Die Leserbriefe gehören zu den meistgelesenen Texten im Hamburger Abendblatt, aber das haben Sie wahrscheinlich geahnt ...