Durch den Streit um eine Mietrechtsreform stand die Initiative auf der Kippe. Ein Blick nach Berlin verrät: Dialog zahlt sich aus.
Um zu sehen, dass diese Stadt im Großen und Ganzen professionell regiert wird, reicht mitunter ein kurzer Blick nach Berlin. In der Hauptstadt irrlichtert gerade die Senatorin Katrin Lompscher (Linke) mit einem Projekt namens Mietendeckel. Mit einem Gesetz will sie Vermieter zwingen, die Mieten in bestimmten Fällen drastisch zu senken. Die mitregierende Berliner SPD laviert zum Teil („Nicht der radikalste Vorschlag ist der beste, sondern der wirksamste Vorschlag“), die CDU verteilt 1,5 Millionen Protest-Postwurfsendungen, Investoren verabschieden sich von Bauprojekten, private Vermieter bangen um ihre Altersvorsorge, Verfassungsexperten warnen. „Es kann gut sein, dass von diesem Projekt am Ende nur die Mieterhöhung bleibt, die die Vermieter noch rechtzeitig verschickt haben“, spottet Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Grüne).
Hamburg setzt seit 2011 auf Dialog. Im Bündnis für das Wohnen, initiiert vom damaligen Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), treffen sich die Interessenorganisationen aus der Wohnungswirtschaft mit den zuständigen Senatoren und den Verantwortlichen aus den Bezirken, um den Neubau in Hamburg zu stärken. Vertreter der Mieterorganisationen sitzen beratend mit am Tisch. Dass in Hamburg 2018 das Ziel von 10.000 fertiggestellten Wohnungen sogar übertroffen wurde (10.674), ist ein Verdienst dieses Bündnisses.
Ärger in der Koalition
Dabei könnten die Interessenlagen unterschiedlicher kaum sein. Selbst im Senat, wo Dorothee Stapelfeldt (SPD) als zuständige Senatorin die Stadtentwicklung im Auge haben muss, während ihr für die Umwelt zuständiger Kollege Jens Kerstan (Grüne) das Ökosystem schützen will. Erst im April eskalierte der Streit um die Wohnbebauung des Kleinen Grasbrooks. Kerstans scharfes Veto gegen ein dort geplantes gigantisches Parkhaus im 24-Stunden-Betrieb sorgte für massiven Ärger in der Koalition.
Dies gilt erst recht für die Mieterorganisationen, die mit Forderungen nach mehr Schutz für Mieter auf Investoren prallen, die vor „Regelungswut“ warnen, was Bauherren abschrecken würde. Wobei es auch in der Wohnungswirtschaft eine unterschiedliche Gemengelage gibt. Für Genossenschaften mit in aller Regel preisgünstigen Mieten stehen Gesetzesinitiativen gegen Mietpreisüberhöhungen kaum im Fokus. Das sieht bei Investoren im hochpreisigen Wohnungsbau ganz anders aus.
Daher gleicht es einem kleinen Wunder, dass sich das Bündnis immer wieder zusammengerauft hat. Der Grundeigentümer-Verband trat 2015 aus Protest gegen die Mietpreisbremse zwar aus, kehrte aber 2017 wieder zurück.
Astronomisch steigende Grundstückspreise
In den vergangenen Wochen stand das Bündnis durch den Streit um eine Mietrechtsreform auf der Kippe. Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass die Zeiten für das Bündnis noch härter werden. Die nahende Bürgerschaftswahl heizt die Nervosität an; SPD und Grüne werden alles daransetzen, ihr Profil beim Wahlkampfschlager Wohnen zu schärfen. Private Investoren geraten durch die astronomisch steigenden Grundstückspreise und ständig wachsende Baukosten unter Renditedruck. Die Kosten machen auch den Genossenschaften zu schaffen, die zudem bei Nachverdichtungen auf Widerstand stoßen. Die Mieterorganisationen werden weiter dafür streiten, dass sich ihre Mitglieder ihre Wohnungen leisten können.
Einfache Lösungen kann es in einer wachsenden Stadt nicht geben. Umso wichtiger wird das Bündnis für das Wohnen in den kommenden Jahren. Dabei muss nicht zusammenwachsen, was nicht zusammengehört. Jeder Verband soll für seine Interessen kämpfen – und dann bereit sein für Kompromisse. Berliner Verhältnisse braucht hier niemand.