Immer mehr und immer größere Autos, manche Straßen ersticken an der Blechlawine. In Ottensen kann das so nicht weitergehen.
Wer beklagt, dass die Politik zunehmend mutloser wird, der darf jetzt ruhig einmal nach Altona schauen. Im Herzen des Bezirks, im pulsierenden Ottensen, geht im September ein von der Bezirksversammlung beschlossenes Experiment an den Start, das einiges riskiert und vieles wagt. Das Auto, das sich über Jahrzehnte hinweg ganz tief in unser Leben hineingebohrt hat, soll einfach hinausgedrängt werden aus ein paar Straßen. Und dann soll mal geguckt werden, was sich verändert. Wird es besser? Oder schlechter?
Es ist ein Experiment, das nicht aus heiterem Himmel kommt. Immer mehr und immer größere Autos sind unterwegs, manche Straßen ersticken geradezu an der Blechlawine. Parkplätze sind in Ottensen schon jetzt Mangelware. Wer dort sein Auto abstellen will, weiß, dass er mit dem Glück im Bunde sein muss. Und er weiß, dass es so eigentlich nicht weitergehen kann. Mit anderen Worten: Es ist eine gute Zeit für Experimente. Für den Versuch, Mobilität anders zu organisieren als bisher.
Ottenser Modell verlangt den Anwohnern einiges ab
Ob das Ottenser Modell da der Weisheit letzter Schluss ist, bleibt abzuwarten. Denn es verlangt den Anwohnern einiges ab – besonders denen, die ein Auto besitzen und benutzen. Wie sehr wir uns an diese Fahrzeuge gewöhnt haben und wie schwer es ist, darauf zu verzichten, zeigt die Vielzahl der Einzelfälle, die das Bezirksamt jetzt bedenken muss. Was macht der Fleurop-Lieferant? Was der Pizzabote? Wie kommt das Paket ins Haus? Wo stoppt der Taxifahrer?
Ja, wir haben eine lange Auto-Sozialisation hinter uns. Sich herauszuwinden aus diesen Gewohnheiten, ähnelt dem Versuch, von einem Tag zum anderen von einer Droge zu lassen. Ottensen macht jetzt also gewissermaßen den kalten Entzug. Mit allen Risiken und Nebenwirkungen – aber auch mit vielen Chancen.