Bei schweren Verbrechen muss ein Kompromiss zwischen dem Anspruch auf Datenschutz und dem auf Strafverfolgung gefunden werden.
Was für eine Blamage für die Polizei, mag man zunächst denken: Schon vor 30 Jahren war der „Donnerstagsräuber“ Michael J. ein stadtbekannter Krimineller – und einige Jahre nach seiner Freilassung aus der Haft werden wieder zwei Haspa-Filialen überfallen, jeweils an einem Donnerstag – aber kein Ermittler verdächtigt den Mann. Tatsächlich ist den Ermittlern kaum ein Vorwurf zu machen; der Fall ist eher als Beispiel zu sehen, wie der wuchernde Datenschutz zum Täterschutz werden kann.
Kriminelle können davon ausgehen, dass sie von der Polizei vergessen werden, sobald sie lang genug die Füße stillhalten. Schon nach fünf Jahren werden die Akten in der Regel vernichtet. Natürlich sind Löschfristen sinnvoll, weil auch Schwerverbrecher ein Recht darauf haben, nicht noch Jahrzehnte später bei der Jobsuche oder einer Verkehrskontrolle durch ihre Tat gebrandmarkt zu sein. Gleichzeitig ist das in der Praxis ein Segen für Menschen wie Michael J., die immer wieder Verbrechen begehen, als wäre es ein Lehrberuf.
Verhältnis zwischen Datenschutz und Strafverfolgung in Schieflage
Es muss ein Kompromiss möglich sein. Er könnte in speziellen Datenbanken nur für schwere Verbrechen liegen, die der Polizei schnell den Blick zu allen Verdächtigen öffnet, aber etwa von einem Richter im Einzelfall freigegeben werden muss. Bislang dürfen Beamte laut Gewerkschaft nicht einmal eine Excel-Tabelle anlegen. Das zeigt, dass das Verhältnis von Strafverfolgung und Datenschutz in Schieflage geraten ist.
Auch die Überprüfung von mehr als einer Million Akten bei der Polizei birgt Gefahren, falls Spuren gelöscht werden, die in „Cold Cases“-Ermittlungen noch Gold wert sein könnten. Die Beamten, die sich durch alle Akten wühlen, haben einen undankbaren Job. Aber es könnte viel davon abhängen, dass sie nicht mehr Daten vernichten, als nötig ist.