Der neue Präsident Marcell Jansen muss jetzt Aufsichtsratschef werden. Welche Herausforderungen auf ihn warten.

Hamburg. „Piep Piep Piep, alle haben sich lieb“, so könnte in Anlehnung an Schlagersänger Guildo Horn die Mitgliederversammlung des HSV e.V. in der Wilhelmsburger Edel.optics.de-Arena zusammengefasst werden. „Wir haben alles im Griff, wir kriegen das hin, und zwar zusammen“, so lautete im Kern die Botschaft der Clubführung um den Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann, Aufsichtsratschef Max-Arnold Köttgen, Sportchef Ralf Becker und den neuen Präsidenten Marcell Jansen an die Mitglieder – und sie nahmen sie dankbar auf. Nur zu verständlich.

Nachdem der HSV im Mai 2018 sportlich in Trümmern lag und viele Anhänger angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage sogar um die Existenz des Clubs bangten, gelang es, eine zarte Aufbruchstimmung zu erzeugen. Wer in der Tabelle Platz eins belegt, hat sowieso leichteres Spiel. Viel wichtiger aber: Den Mitgliedern wurde das Gefühl vermittelt, dass hier ein Kernteam – auch mit Trainer Hannes Wolf, dem Becker eine Jobgarantie aussprach – zusammenwächst, das dem Verein neue Stabilität verleiht und zu der vermissten Kontinuität führt.

Da passte die Wahl Jansens perfekt ins Bild: Schluss mit der Vergangenheit, auf zu neuen Ufern. Die Zeiten, in denen der HSV als billiges Vorbild für Missmanagement herhalten musste, sollen der Vergangenheit angehören.

Hoffmann ist der Gewinner der Wahl

Besonders Hoffmann, der im vergangenen Jahr nach seiner Wahl zum e.V.-Präsidenten im Januar in Rekordzeit seinen in Wahrheit stets angestrebten Platz im operativen Geschäft eingenommen hatte, darf sich als Gewinner der Versammlung fühlen. In den wichtigsten Gremien des Vereins sitzen nun Verbündete. Die Mitglieder, die ihn vor zwölf Monaten nur mit ganz knapper Mehrheit gewählt hatten, schenken ihm ihr wertvollstes Gut: ihr Vertrauen. Das neue Machtzentrum des HSV, es sitzt im Vorstand und heißt Bernd Hoffmann.

Der Autor ist Sportchef beim Hamburger Abendblatt.
Der Autor ist Sportchef beim Hamburger Abendblatt. © HA | Andreas Laible

Bei allen wohlklingenden Worten, mit denen Jansen die Basis überzeugen konnte, muss der 33-Jährige nun erst noch beweisen, dass er im Aufsichtsrat für die nötige Balance in der Führungsetage sorgen kann. Sicher, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Gremien ist die Voraussetzung, mindestens genauso wichtig ist jedoch die Kontrolle, die Aufsicht.

Wie eine perfekte Mischung dieser Komponenten aussehen kann, zeigte einst Udo Bandow, der bisher mit Abstand beste Aufsichtsratsvorsitzende des HSV, der nie eine Abstimmung verlor und nicht jeden Transfer durchwinkte, im Gegenteil.

Jansen muss Aufsichtsratschef werden

Will Jansen in der AG – und dort sollte definitiv der Schwerpunkt seiner Arbeit liegen – wirklich ein Sprachrohr der Mitglieder sein, so muss er als Vertreter des Mehrheitsgesellschafters eher heute als morgen den Vorsitz im Aufsichtsrat übernehmen.

Der Liveticker zur Mitgliederversammlung zum Nachlesen

Der Auftrag an Jansen ist eindeutig: Er soll an vorderer Linie daran mitwirken, dass die Mitglieder nicht mehr nur vom Prinzip Hoffnung leben müssen. Sie wollen einem Verein angehören, der vor allem finanziell solide und eigenständig handelt. Denn auch wenn sich der HSV noch so sehr als Harmonie-Verein präsentierte, so leer ist die Kasse. Im Aufstiegsfall fehlen Millionen für notwendige Verstärkungen.

Dass nun eine zweite Fananleihe kommt, ist nachvollziehbar, verschafft dem Club aber nur Zeit. Einfach noch mehr Tafelsilber in Form von Clubanteilen zu verhökern, ist auch keine Strategie für die Zukunft, vor allem dann nicht, wenn selbstbestimmtes Handeln gefährdet wäre. Nein, noch ist nichts gewonnen. Die großen Herausforderungen warten erst noch auf Hoffmann, Jansen und Co.

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