Die Modernisierung des ÖPNV ist wichtig. Das darf aber nicht ins Chaos führen, so wie momentan auf der Strecke nach Hamburg.

Das Ziel ist ehrgeizig: Der rot-grüne Senat will den öffentlichen Nahverkehr massiv ausbauen und so mehr Menschen dazu bewegen, auf Bus und Bahn umzusteigen – für Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) „das Rückgrat der Mobilität“. Erst kürzlich stellte er ein 19 Millionen Euro teures Bündel von Maßnahmen vor, das den ÖPNV leistungsfähiger machen soll: Geplant sind längere Züge, neue Bahnen, größere Busse und dichtere Takte.

Hochbahn-Chef Henrik Falk will das Angebot seines Unternehmens sogar so attraktiv machen, dass jeder Hamburger, der das kann, auf das eigene Auto verzichtet. Bis 2028, so Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks, sollen die Hamburger 75 Prozent aller Wege mit dem Bus oder der Bahn, per Rad oder zu Fuß erledigen. So weit der Anspruch.

Bahnchaos zwischen Harburg und Hauptbahnhof

Die Realität, die die Menschen Tag für Tag erleben, sieht hingegen anders aus – und zeigt, wie weit der Weg noch ist. Nirgendwo ist das derzeit besser zu beobachten als auf der Strecke zwischen Harburg und Hauptbahnhof, die zwischenzeitlich im Chaos zu versinken droht. Ersatzbusse und Züge des Metronoms – hoffnungslos überfüllt und oft verspätet. Gleise ändern sich kurzfristig, sodass Hunderte Fahrgäste in kürzester Zeit zu einem anderen Bahnsteig laufen müssen.

Da am Hauptbahnhof ausgerechnet ein Großteil des Bahnsteigs der Gleise 11 und 12 gesperrt ist, kommt es teilweise sogar zu gefährlichen Situationen. Und alles, weil der Ersatzverkehr für die notwendigen Modernisierungsarbeiten im Süden nicht ausreichend gut geplant war.

Das ist sicherlich ein besonders krasser Ausreißer, doch so richtig bequem und vor allem verlässlich ist das Fahren mit Bus und Bahn auf vielen Strecken derzeit nicht. Wer beispielsweise morgens mit der Metrobuslinie 6 zur Arbeit fahren will, steht an jedem einzelnen Wochentag schon an der Haltestelle auf halber Strecke in die Innenstadt vor einem Bus, der so heillos überfüllt ist, dass sich die Türen kaum noch schließen lassen. Sogar jetzt in den Ferien! Die Fahrgäste sind froh, wenn sie überhaupt mitkommen, an einen Sitzplan ist gar nicht zu denken.

HVV: Investitionen sind überfällig

Seit Langem platzt der Hauptbahnhof aus allen Nähten. Weichenstörungen, Kabelschäden und umgestürzte Bäume legen mit schöner Regelmäßigkeit einzelne Strecken lahm. Nach zahlreichen Pannen bei der S-Bahn sahen sich Bürgerschaft und Senat Ende vergangenen Jahres genötigt, Druck zu machen. Dass Hamburg mit diesen Problemen nicht allein ist – siehe Deutsche Bahn –, ist ein schwacher Trost.

Die einzig richtige Antwort sind massive Investitionen in die Infrastruktur des ÖPNV – diese sind überfällig. Insofern ist der Senat mit seinem Kurs auf dem richtigen Weg. Nur wenn der öffentliche Nahverkehr wirklich als Alternative wahrgenommen wird, gelingt die Verkehrswende. Angesichts weiter steigender Zahlen privater Autos und eines Lastwagenverkehrs, der von 2014 bis 2025 Prognosen zufolge um 40 Prozent zunehmen soll, ist diese unerlässlich.

Die Modernisierung ist wichtig – nur darf sie eben nicht dazu führen, dass der laufende Betrieb zum Chaos wird. Ersatzverkehr muss so organisiert werden, dass die Einschränkungen für die Kunden vertretbar sind. Das ist umso wichtiger, als so viele Instandsetzungsvorhaben anstehen. Deshalb müssen sich die Verantwortlichen ganz genau anschauen, welche Fehler auf der Strecke nach Harburg gemacht wurden – und aus ihnen lernen.