Das Fiasko am Flughafen zeigt, wie anfällig unsere Infrastruktur ist.
An Verspätungen im Flugverkehr haben wir uns gewöhnt, an schlechter werdenden Service ohnehin und leider auch an teils lange Wartezeiten am Gepäckband. Aber die chaotischen Szenen, die sich am Sonntag am Hamburger Flughafen abgespielt haben, hätte sich wohl kaum jemand vorstellen können: Tausende Passagiere gestrandet, 339 ausgefallene Flüge, kaum Informationen, Fluggäste, die über Stunden vor dem Airportgebäude ausharren, und andere, die aus den abflugbereiten Maschinen wieder in die Hallen zurückgeschickt werden, das Deutsche Rote Kreuz zur Versorgung im Einsatz und Notbetten im Terminal Tango. Von den Urlaubern, die an ihren Ferienorten festsitzen, ganz zu schweigen.
Erschreckend ist vor allem, welch weitreichende Folgen eine vergleichsweise kleine Ursache haben kann. Eine schadhafte Kabelisolierung, ein Kurzschluss in der Stromversorgung – und der Flughafen muss einen ganzen Tag lang komplett schließen. Was sagt das über die Leistungsfähigkeit des wichtigsten Luft-Drehkreuzes Norddeutschlands aus?
Versagt das Verkehrssystem, sind wir aufgeschmissen
Das Fiasko am Flughafen zeigt, wie anfällig unsere Infrastruktur ist – und wie sehr wir von ihr abhängen. Das haben wir erlebt, als ein Sturm die Deutsche Bahn in weiten Teilen lahmgelegt hat, das sehen wir, wenn kilometerlange Staus ganze Metropolregionen ersticken – und wir erleben es nun im Flugverkehr. Dabei sind wir es gewohnt, uns im enggetakteten Alltag, im Geschäftsleben und sogar im Urlaub an ein reibungslos funktionierendes Verkehrssystem zu verlassen. Versagt dies, sind wir völlig aufgeschmissen.
Am Tag nach dem Chaos hat sich die Lage langsam wieder normalisiert – und die Aufarbeitung des Desasters beginnt. Noch ist es zu früh zu sagen, ob es womöglich Versäumnisse bei der Wartung der weit verzweigten Kabelsysteme gab, ob ausreichend Techniker vor Ort waren und ob alles getan wurde, um das Problem einzudämmen.
Die Kommunikation des Flughafens war ärgerlich
Die Entscheidung, den Flughafen zu schließen, war jedenfalls ohne Alternative. Nachdem der Kurzschluss Teile der Stromversorgung stillgelegt hatte und der Fehler nicht rasch gefunden werden konnte, blieb der Flughafen Hamburg GmbH keine andere Wahl, als den Flugbetrieb einzustellen. Alles andere wäre weder rechtlich zulässig noch aus Sicherheitsgründen zu verantworten gewesen.
Ärgerlich aber war die Kommunikation des Flughafens und der Airlines. Natürlich sind Reisende in jedem Fall aufgebracht, wenn ihre Flüge ausfallen, sie wollen aber darüber informiert werden, was los ist – nur dann haben sie die Chance, sich auf die Situation einzustellen und womöglich Verständnis zu entwickeln. Auch wenn die Lage unübersichtlich war: Das hat am Sonntag erschreckend schlecht funktioniert. Erst nach Stunden informierte der Airport in den sozialen Medien über die Lage. Auf der Internetseite fanden sich zwar Meldungen über tolle neue Flugverbindungen, aber nichts über das aktuelle Chaos am Airport. Auf den Anzeigetafeln war den größten Teil des Tages nicht zu erkennen, welche Flüge denn nun eigentlich abgehen und welche nicht. Der Versuch, Fluggäste einzig über krächzende Lautsprecher zu erreichen, zeigt die ganze Hilflosigkeit.
Der Flughafen wäre gut beraten, das Geschehen vom Sonntag sorgfältig aufzuarbeiten. Das bedeutet nicht nur, sich die Kabelsysteme noch einmal anzuschauen, sondern vor allem sicherzustellen, dass sich ein Desaster mit so weitreichenden Folgen nicht wiederholen kann.