Am Ende der Grundschulzeit in Wilhelmsburg wurde ihr empfohlen, auf die Hauptschule zu gehen, später eine Ausbildung zu machen. Abitur, das sei nix für sie. Doch wer Melanie Leonhard derart unterschätzt, spornt sie nur noch mehr an.
Und so kämpfte sie sich durch: Realschule, Abitur, Geschichtsstudium, Promotion über die Geschichte der Reederei Rickmers, für die sie zeitweise auch arbeitete. Parallel engagierte sich Frau Dr. Leonhard politisch in der SPD: erst Bezirksversammlung Harburg, ab 2011 dann Bürgerschaft.
Die kluge und sachliche Art, mit der sie Jugend- und Familienpolitik machte, blieb nicht unbeobachtet: 2015 wollte Bürgermeister Scholz sie zur Sozialsenatorin machen. Leonhard zauderte, ihr Sohn war schließlich erst ein Jahr alt – doch dann griff sie zu. Nun hat sie Scholz selbst beerbt: Seit einigen Tagen ist die 40-Jährige, die mit Mann und Sohn in Marmstorf wohnt, SPD-Vorsitzende in Hamburg. Die Hauptschulempfehlung hat sie aufbewahrt – als Mahnung, dass Herkunft keine Rolle spielen darf.
Seite 12 Das Leonhard-Interview