Auf den neuen Präsidenten Bernd Hoffmann wartet vor allem eines: viel Arbeit. Todt wird durch Sportvorstand ersetzt werden.
Diese Wahl geht in die Geschichte des HSV ein. Gerade einmal 25 Stimmen trennten am Ende die Präsidentschaftskandidaten Bernd Hoffmann und Jens Meier, dem somit nur 13 Stimmen zum Sieg fehlten. Legt man die Mitgliederzahl des HSV zugrunde (78.008), waren das 0,017 Prozent, die darüber entschieden, dass sich der HSV für die Zukunft komplett neu aufstellt.
Dem früheren Vorstandsvorsitzenden ist es zwar nicht gelungen, eine größere Gruppe derer zu einem Gang zur Mitgliederversammlung zu bewegen, die 2014 mit großen Hoffnungen die Ausgliederung herbeiführten und deren Hoffnungen bitter enttäuscht wurden. Und die lauten „Hoffmann raus“-Rufe nach seiner Wahl zeugten davon, dass Hoffmann nur für einen Teil der Basis als neuer Hoffnungsträger taugt. Dass es dennoch für seine Wahl reichte, lag an der desaströsen sportlichen Bilanz der jüngeren Vergangenheit und den vielen Missständen – im Grunde musste Hoffmann sich gar nicht auf Themensuche für seinen Wahlkampf begeben.
Todt vor dem Aus beim HSV
Was passiert nun? Ein „weiter so“ wird es jedenfalls nicht geben. Hoffmanns Wahl wird über kurz oder lang die Statik der HSV-Führung komplett verändern. Dass der Aufsichtsrat in der derzeitigen Besetzung bestehen bleibt, ist unwahrscheinlich. Ebenso dürfte es Veränderungen im Vorstand geben. Schon während seiner Rede kündigte der 55-Jährige an, dass er anstreben wird, einen Sportvorstand zu installieren.
Jens Todts Tage beim HSV – als Sportchef eine Führungsstufe unter dem Vorstand angesiedelt – dürften gezählt sein. Und ob Heribert Bruchhagen (mit einem Vertrag bis 2019 ausgestattet) das Unterfangen Wiederaufstieg angehen darf, erscheint unwahrscheinlich.
In jedem Fall stehen dem HSV unruhige Zeiten bevor. Ob es eine kreative Unruhe sein wird, muss sich zeigen. Für Hoffmann und sein Team gilt es, keine Zeit zu verlieren, denn es gilt, dem Club schnellstmöglich eine neue Vision zu verschaffen, eine neue Identität. Mit Recht verglich Supporters-Chef Timo Horn den HSV mit einem verzogenen Yuppie, der nichts auf die Reihe bringt, dank Papas Geld aber mit dem Porsche durch die Straßen düst und auf dicke Hose macht.
HSV muss sich für 2. Liga aufstellen
Diese Zeiten sind spätestens nach dem bitteren 1:2 gegen Leverkusen vorbei. Auch wenn dem HSV seit den Relegationsspielen 2014 und 2015 prinzipiell alles zuzutrauen ist, so müssen sich die Mitglieder und Fans wohl damit abfinden, dass der erste Abstieg seit Einführung der Bundesliga 1963 kaum noch zu vermeiden sein wird.
Der von der Initiative „HSVPlus“ benutzte Slogan „Aufstellen für Europa“ muss spätestens nach dem 1:2 gegen Leverkusen neu formuliert werden: „Aufstellen für Liga zwei“. Ausgerechnet Werder Bremen kann am Sonnabend dafür sorgen, dass der Rückstand auf Relegationsplatz 16 auf sieben Punkte wachsen könnte (wenn Wolfsburg gegen Mainz verliert).
HSV-Kader wird sich grundlegend verändern
Wer die bedrohlichen Szenen am Sonnabend im Volkspark und das Spruchband („Bevor die Uhr ausgeht, jagen wir Euch durch die Stadt“) sah, muss mit großer Sorge auf das Duell in Bremen blicken, wo der Frust der HSV-Fans in noch schlimmere Aggressionen ausarten könnte. Will Hoffmann den tief erschütterten Verein einen und die Gunst der Basis zurückgewinnen, bedarf es einer Vielzahl an guter unternehmerischer Entscheidungen im operativen Geschäft, vor allem bei der Spielerauswahl.
Kaum vorstellbar, dass einer der überteuerten Spieler auch in der Zweiten Liga noch für den HSV spielen wird. Trotz eines dann halbierten Etats eine neue Mannschaft aufzustellen, die in der Lage sein soll, direkt wieder aufzusteigen, ist eine Hercules-Aufgabe für alle Verantwortlichen.
Alle HSVer sollten Hoffmann viel Glück für die kommenden Monate wünschen. Er wird es brauchen.