Der Bundesliga-Dino muss sich in der Rückrunde zum Klassenerhalt quälen – und nicht alles schönreden.

Noch ein Jahr. Und noch ein Jahr und noch eines ... So geht es schon lange. Und so geht es immer weiter. Bergab.

Und wieder hat der HSV ein Jahr in den Sand gesetzt. Eigentlich sollte ja alles besser werden: neue Gesichter in der Führung, optimistische Ziele, rosarote Zukunft. Doch auch in diesem Dezember bleibt einmal mehr festzuhalten, dass es um die drei großen Hamburger Fußball-Buchstaben weiterhin dramatisch bestellt ist.

Stagnation wäre, Stand heute, fast als Erfolg zu feiern gewesen, aber es ging noch schlechter: Platz 17. Und dieser wird seit Wochen begleitet von Durchhalteparolen. Es wird verharmlost, schöngeredet und vertröstet. Neue Männer, alte Floskeln.

Ein probates Mittel jedoch, wie der jahrelange Sturz des Dinos endlich aufzufangen wäre, findet niemand. Nur Sprüche. Der alte Sepp Herberger, der einst Fußball-Weisheiten für die Ewigkeit produziert hat („Ein Spiel dauert 90 Minuten“), würde sich tief erschüttert abwenden, wenn er heute die tiefschürfenden Kommentare der HSV-Verantwortlichen vernehmen würde. Ganz spannend wird es, wenn Vorstandschef Heribert Bruchhagen, seit Dezember 2016 im Amt, verkündet: „Wir müssen trotzdem optimistisch und mit Selbstvertrauen in die Rückrunde gehen.“ Woher aber soll die Zuversicht kommen?

HSV: Ruhe alleine reicht nicht

35 Punktspiele hat der HSV 2017 hinter sich gebracht, und er fuhr dabei 18 Niederlagen, zehn Siege, sieben Unentschieden (drei davon in der Fremde) ein. Eher eine demoralisierende und niederschmetternde oder doch eine gerade noch mittelprächtige Bilanz? Acht Heimsiege gab es zu bejubeln, drei in dieser Saison. Dazu gab es zwei (!) Auswärtserfolge: 3:1 in Köln, 3:0 in Leipzig. So gesehen ist der HSV wohl doch zu Hause eine Macht ...

Bruchhagen sagte in diesen Tagen immerhin auch: „Wir wissen, dass wir alles dafür tun müssen, damit wir uns in der Rückrunde vollständig auf Sport konzentrieren.“ Das wäre in der Tat zielführend. Es könnte nicht schaden, würde sportlich etwas intensiver geackert als bisher. Besondere Situationen erfordern auch besondere Anstrengungen. Selbst in dieser hanseatisch-vornehmen Stadt dürften sich die hoch bezahlten Fußball-Profis gelegentlich etwas mehr den Hintern aufreißen, wenn es möglich ist.

Dieter Matz, HSV-Experte und Blog-Vater (
Dieter Matz, HSV-Experte und Blog-Vater ("Matz ab") © HA | Andreas Laible

Das gilt auch für die Führung des HSV. Heribert Bruchhagen ist nun ein Jahr im Amt. In HSV-Kreisen und bei Bekannten nachgefragt, wie dort die Arbeit des Club-Bosses bislang beurteilt wird, antworten die meisten: „Er hat Ruhe in den Verein gebracht.“ Ruhe also. Mag sein, dass dies so ist. Aber sorgt Ruhe tatsächlich für den Klassenverbleib? Wie erfreulich wäre es doch, wenn alle antworten würden: „Bruchhagen hat den HSV wieder ins gesicherte Mittelfeld geführt – mit Anschluss ans obere Drittel. Gut so.“

Dazu wäre allerdings etwas mehr Zug im HSV gefragt. Alles ein wenig straffen, statt nach Verstärkungen (und Kühne) zu rufen. Neue Spieler wären ganz sicher wünschenswert, aber es soll auch andere Kniffe geben: eventuell mal das eine oder andere Zusatz- oder Sondertraining. Sogar Einzeltraining wäre eine Maßnahme. Und das Einstudieren von Standards könnte ebenfalls hilfreich sein. Möglich wäre ja so einiges, doch dazu müsste man es auch entschlossen angehen.

Finanzielle Wohlfühloase HSV

Und genau daran haperte es oft. Was nicht nur auf diese Saison zutrifft, sondern auf die jüngere Vergangenheit – die in diesem Jahrtausend. Der HSV hat seine überaus gute und finanziell bestens ausgestattete Wohlfühloase im Volkspark viel zu selten verlassen – wenn überhaupt einmal. „Wer mehr erreichen will, der muss mehr machen.“ Ein Spruch von Felix Magath. Ein Spruch, der durchaus Überlebensqualität hat. Übrigens, auch die folgende Einsicht kommt vom guten „Quälix“: „Qualität kommt von Qual.“

Am 13. Januar geht es für den HSV in Augsburg wieder um Punkte. „Das nächste Spiel ist immer das schwerste.“ Würde Sepp Herberger gesagt haben. Heribert Bruchhagen führt etwas weiter aus: „Wir müssen erreichen, dass das erwartete Leistungspotenzial auf dem Platz zu sehen ist.“

Dann mal ran.