Warum es absurd ist, am Heiligabend-Sonntag die Geschäfte öffnen zu wollen.

Weihnachten ist anstrengend. Die ganzen Geschenke, das ganze Essen, die ganze Familie. Der ganze Druck. Und dann fällt Heiligabend dieses Jahr auch noch auf einen Sonntag. Wann soll man da sein Last-Minute-Shopping erledigen? Etwa am Sonnabend?!

Ja, es muss Menschen geben, die das für eine unzumutbare Vorstellung halten – darum soll es auch in diesem Jahr erlaubt sein, Heiligabend zu öffnen, wenn man vor allem Lebens- und Genussmittel anbietet. Trotz des Sonntags.

Was für ein absurder Vorschlag.

Heiligabend am Sonntag – ein Geschenk!

Da wären zum einen folgende drei Argumente, womöglich ein wenig aus der Zeit gefallen: „Stille Nacht, heilige Nacht“, „Leise rieselt der Schnee“ und „Ihr Kinderlein kommet“. Es hat ja seinen Grund, dass keines der gängigen Weihnachtslieder „Auf an die Tiefkühltruhe“, „Der Letzte in der Käseschlange“ oder „Wo gibt’s jetzt noch Gänsefond“ heißt.

Der Widerspruch der Idee ist wirklich erschreckend. Damit mehr Lebens- und Genussmittel verkauft werden können, schränkt man Lebens- und Genusszeit ein? Damit das Fest noch festlicher wird, nimmt man den Menschen die Besinnlichkeit? Schon an „normalen“ verkaufsoffenen Sonntagen kann man die Frage stellen, ob es nicht guttäte, den einen besonderen Wochentag zu belassen, wie er gedacht ist. Als Möglichkeit, den Alltagsrhythmus zu unterbrechen. Als Gegengewicht, als Gelegenheit, eine andere Geschwindigkeit nicht nur zu ersehnen, sondern auch zu leben.

Ein Sonntag fühlt sich anders an. Der eigene Stadtteil fühlt sich anders an. Die Menschen darin – denen man übrigens manchmal tatsächlich nur am Wochenende begegnet – fühlen sich anders an. Man muss nicht einmal gläubig sein, um das spüren zu können: Durchatmen. Zeit mit dem Partner, den Freunden, der Familie. Rituale der Gemeinsamkeit. All das gilt doch Heiligabend erst recht. Was für ein Geschenk, wenn dieser Tag auf einen Sonntag fällt!

Besinnungslose Ladenöffnungszeiten

Besonders betrifft das Arbeitnehmer. (Übrigens sind das im Einzelhandel vor allem Frauen.) Es gibt Firmen, die das begriffen haben und das Spiel tatsächlich nicht mitspielen: Aldi zum Beispiel. Das Unternehmen – von dem wohl niemand behaupten will, es sei ein ideologisch geprägter Eine-Welt-Laden – will es seinen Mitarbeitern nicht zumuten, an diesem Sonntag noch an der Kasse zu sitzen. Nicht Heiligabend. Eine Einsicht, die guttut, es gibt offenbar Grenzen.

Der Handelsverband Nord argumentiert trotzdem, dass Arbeitnehmer „Sonntagszuschläge gerne in Anspruch nähmen“. Na, bestimmt! Das spricht allerdings eher dafür, faire Löhne anzubieten anstatt besinnungslose Ladenöffnungszeiten.

Und das Argument, die Beschäftigten in Krankenhäusern, bei der Polizei oder im öffentlichen Nahverkehr müssten schließlich auch arbeiten, ist selbstverständlich keines. Oder wem muss man an dieser Stelle ernsthaft erklären, warum es an Feiertagen nicht ohne Notarzt geht – aber durchaus ohne Wursttheke?

Letztes und gewissermaßen modernstes Argument: Schon der Begriff „Ladenöffnungszeit“ sei analog verschnarcht. Wer einkaufen will, kann das online tun. Frühmorgens, nachts, an Sonntagen, Heiligabend. Alles. Immer.

Ja. Das ist so. Allerdings wusste schon meine Oma: Was man kann, kann man auch lassen. Oma hat recht. Wenigstens Heiligabend.