Die Einbürgerungsinitiative rückt Zuwanderer in die Mitte der Gesellschaft.

Im Dezember 2011 schrieb Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) zum ersten Mal ausländische Mitbürger an, um sie einzuladen, Deutsche zu werden. Er wolle sie „ausdrücklich dazu ermuntern“, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen, hieß es in dem persönlich gehaltenen Schreiben. Seither haben Zehntausende Menschen mit ausländischen Wurzeln in der Hansestadt Post von Scholz erhalten.

Briefkopf und Konterfei des Bürgermeisters beeindruckten sie ebenso wie die angekündigte Einbürgerungsfeier im Rathaus. Viele der Angeschriebenen waren berührt von dem Brief; er erfüllte sie mit Stolz. So ging es auch dem Nordiren Brian Maginess, der heute im Abendblatt sehr eindrucksvoll die Gründe beschreibt, warum er Deutscher sein will.

Die Kampagne des Senats, die bundesweit ohne Vorbild war, ist zu einem beispiellosen Erfolg geworden. Seit 2012 haben sich 35.110 Menschen in Hamburg einbürgern lassen – allein 4234 in diesem Jahr. Natürlich war nicht für alle das persönliche Anschreiben des Bürgermeisters ausschlaggebend.

Doch wer direkt angesprochen wird, muss sich seine Gedanken machen: darüber, wohin er gehört, wem seine Loyalität gilt und in welchem Land seine Zukunft liegt. Die Einbürgerung ist vordergründig nur ein formaler Akt. Doch tatsächlich geht es dabei um weit mehr als ein amtliches Stück Papier.

Denn bei denjenigen, die am Ende eine bewusste Entscheidung für die deutsche Staatsbürgerschaft treffen, werden dieser Entschluss und die festliche Einbürgerungsfeier das Gefühl noch verstärken, hierher, nach Hamburg und nach Deutschland zu gehören. Der Staat stellt dabei Anforderungen: Um den deutschen Pass zu bekommen, müssen die Menschen gut die Sprache sprechen, den Lebensunterhalt selbst bestreiten können, straffrei sein und sich mit unserer Gesellschaftsordnung auskennen. Wer die Hürden für die Einbürgerung so hoch hängt, der muss denen, die sich inte­grieren wollen, auch die Hand entgegenstrecken.

Was haben wir davon? Das Angebot zielt auf Zuwanderer, die seit vielen Jahren bei uns leben, längst ein fester Teil unserer Stadt sind und als Ärzte oder Filmemacher, Facharbeiter oder Gemüsehändler zu ihrem Erfolg beitragen.

Diese Gruppe rückt die Einbürgerung noch stärker in die Mitte der Gesellschaft. Sie werden Deutsche, mit allen Rechten, aber auch Pflichten – einschließlich des für viele ohnehin selbstverständlichen Bekenntnisses zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und zu einem friedlichen Zusammenleben. Insofern bindet die Einbürgerungskampagne die Menschen, die sich hier ohnehin zugehörig fühlen, noch stärker in unsere Gesellschaft ein – diese Willkommenskultur ist ein echter Beitrag zur Integration.

Die meisten Neubürger kommen aus Afghanistan, der Türkei, Polen sowie dem Iran – und neuerdings auch aus Großbritannien, befeuert durch den Brexit. Am Tag nach dem Referendum im Juni 2016, als Großbritannien den EU-Ausstieg beschloss, beantragten 206 Briten in Hamburg die deutsche Staatsbürgerschaft. Sie dürften dabei ihre künftigen Arbeitsmöglichkeiten in Deutschland im Auge gehabt haben. Viele waren aber auch enttäuscht über den Kurs ihres Heimatlandes. Hamburg, weltoffene Stadt der vielen Möglichkeiten, wird ihnen nun auch ganz offiziell zur neuen Heimat.