Die vielen Bürgerentscheide im Bezirk Altona beweisen, dass dessen Bewohner engagiert sind. Dieses Potenzial gilt es zu nutzen.
Wer hat gesagt, dass Demokratie einfach ist? Nun steht es also fest. Nach monatelangen Debatten, Tausenden gesammelten Unterschriften, viel Kraft, Geld und Arbeit, die in Aktionen, Internetseiten und in den Abstimmungsprozess an sich geflossen sind, zeigt sich: Die Radwegpläne am Övelgönner Elbstrand kommen bei den Altonaern nicht gut an. Die Mehrheit der wahlberechtigten Frauen und Männer im Bezirk votierte beim Bürgerentscheid dafür, die Pläne zu begraben und den Strand zu erhalten, wie er ist.
Mehr als 10.000 Unterschriften gegen Radweg
Das Ergebnis überrascht nicht. Der Trend zeichnete sich ab. Immerhin gelang es der Initiative „Elbstrand retten!“, innerhalb von nur vier Wochen mehr als 10.000 Unterschriften von Unterstützern zu sammeln. Die später gestartete Gegeninitiative „Elbstrandweg für alle“ hatte dagegen Mühe, ein Drittel der nötigen Stimmen zu erreichen. Auch in der Bezirksversammlung wackelte die rot-grüne Mehrheit. CDU, FDP, Linke, AfD waren von Anfang an dagegen, den Weg zu bauen. Später distanzierten sich zahlreiche Grüne ebenfalls von den Plänen, einen Fuß- und Radweg über einen der beliebtesten Hamburger Strandabschnitte zu bauen. Trotzdem mussten die Bürger ran und abstimmen. Mal wieder.
Das Problem: In Altona droht das sinnvolle Mittel des Bürgerentscheides ad absurdum geführt zu werden. Hier durften die Bewohner schon eine Menge Fragen beantworten, teilweise auch unsinnige. Ist man für oder gegen Ikea an der Großen Bergstraße? Möchte man, dass auf dem ehemaligen Zeise-Kinoparkplatz Wohnungen entstehen oder ein Bürogebäude – und das, obwohl die Baugenehmigung für das Bürogebäude längst erteilt war? Und bald soll man voraussichtlich auch über die Gestaltung des Blankeneser Marktplatzes abstimmen. Seit Freitag sammelt eine Initiative Unterschriften für ein Bürgerbegehren.
Genau deshalb ist es umso wichtiger, dass aus dem aktuellen Bürgerentscheid Konsequenzen gezogen werden. Das Votum muss langfristig bindend sein. Es kann nicht sein, dass in einigen Jahren die Diskussion erneut angefacht wird. Die Altonaer haben deutlich gemacht, dass sie den Strand so lieben, wie er ist. Und das ist doch auch etwas Gutes.
Initiativen sollen mehr eingebunden werden
Der engagierte Wahlkampf hat bewiesen, dass in diesem Bezirk viele Menschen leben, die sich für ihren Stadtteil einsetzen. Dieses Potenzial gilt es zu nutzen. Die Initiativen sollten in künftige Planungen oder die politische Arbeit eingebunden werden. Ob Elbstrandretter oder Radweg-Fans: Beide Seiten hatten gute Argumente und viele kreative Ideen. All das wird dringend gebraucht.
Denn dieser Bürgerentscheid hat offenbart, dass es deutliche Konflikte zwischen Fußgängern, Rad- und Autofahrern gibt – und das nicht nur im Bereich der Schiebestrecke Övelgönne. In Altona muss mehr für den Ausbau der Infrastruktur getan werden. Die Radwege müssen saniert und eine alternative Route für den jetzt hoffentlich endgültig begrabenen Radweg auf dem Strand gefunden werden. Das Gute: Mit dem Ergebnis des Bürgerentscheides werden Geld und Planungskapazitäten frei, die in sinnvollere Projekte zur Förderung des Radverkehrs gesteckt werden können.
Zudem sollten die Bezirkspolitiker dringend mit sich ins Gericht gehen und sich fragen, ob zu jedem Thema ein Entscheid nötig ist. Im Radweg-Fall lässt sich das aufwendige und teure Verfahren nur rechtfertigen, wenn daraus die nötigen Lehren gezogen werden. Zur Ergebnisfindung wäre er nicht nötig gewesen.