Wenn die Polizei nicht kommt, fühlt sich der Bürger alleingelassen – auch vom Senat

Klar: Wenn die Polizei nicht mehr umgehend jeden Diebstahl verfolgen kann, dann ist damit noch nicht die öffentliche Sicherheit in Hamburg in Gefahr. Schließlich ist die Zahl der erfassten Straftaten im vergangenen Jahr in der Stadt zurückgegangen, um immerhin fast zwei Prozent. Zudem konnte Innensenator Andy Grote (SPD) auf eine leicht verbesserte Aufklärungsquote hinweisen. Also alles gut? Leider nicht.

Die Polizei nennt 2017 ein „absolutes Ausnahmejahr“. Es stimmt, einen Gipfel von der Größenordnung des G20-Treffens dürfte die Hansestadt so schnell nicht wieder zu bewältigen haben. Aber die Überlastung der Polizei ist Ausdruck eines strukturellen Pro­blems: Sie hat eine wachsende Zahl von Großveranstaltungen zu sichern, vom Marathon im Frühjahr über Hafengeburtstag, Schlagermove und Alstervergnügen im Sommer bis zu den Weihnachtsmärkten im Winter. Von Drogendelikten, Wohnungseinbrüchen und Taschendiebstählen, die auf das Konto oftmals ausländischer Banden gehen, einmal ganz zu schweigen.

Neben der objektiven gibt es zudem auch eine subjektive Sicherheitslage. Objektiv haben die polizeilichen Herausforderungen in diesem Jahr zugenommen, durch den G20-Gipfel, aber auch durch die allgegenwärtige Terrorgefahr, die den verstärkten Schutz jedes Straßenfestes erforderlich macht. Das Attentat in dem Barmbeker Supermarkt hat Versäumnisse der Sicherheitsbehörden offenbart, die bedenklich sind.

Das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger leidet davon unabhängig, wenn weniger Polizei auf der Straße ist, Streifenwagen nicht mehr so schnell zur Stelle sind – oder eben dann, wenn der Bürger einen Diebstahl meldet und erst einmal nichts passiert. Schließlich sind es diese kleineren Delikte, wegen derer die allermeisten Hamburger mit den Ordnungshütern in Kontakt kommen und die ihre Erfahrung prägen, und nicht die ganz großen.

Niemand weiß das besser als die Hamburger SPD, die 2001 die Macht auch deshalb an die CDU und den Rechtspopulisten Ronald Schill verlor, weil sie das Sicherheitsthema zu lange unterschätzt hatte. Nach dem misslungenen G20-Einsatz und dem Barmbeker Attentat ist diese Flanke der SPD nun wieder offen.

Eine einfache Lösung des Pro­blems gibt es nicht. Schließlich hat der Senat bereits eine Einstellungsoffensive gestartet, um mehr Nachwuchspolizisten auszubilden, als sich ältere Kollegen in den Ruhestand verabschieden. Doch geeignete Bewerber zu finden ist gar nicht leicht. Das zeigt: Ein Mehr an (finanzierten) Stellen bedeutet nicht länger unbedingt auch ein Mehr an Polizeibeamten.

Was also ist zu tun? Vermutlich muss der Polizeidienst aufgewertet werden, um ihn trotz teils harter Einsätze und Schichtdienst für junge Leute attraktiver zu machen – sowohl in finanzieller Hinsicht als auch durch mehr Anerkennung, die wir alle den Polizisten schulden.

Und wir brauchen eine neue Diskussion darüber, ob die Veranstalter der zahlreichen Massenevents in dieser Stadt nicht wenigstens teilweise an den Kosten für die Sicherung durch die Polizei beteiligt werden sollten. Schließlich machen Händler auf dem Hafengeburtstag und beim Alstervergnügen, bei Straßenfesten und auf dem Weihnachtsmarkt gute Umsätze, während der Schutz durch die Polizei für sie kostenlos ist – weil wir Steuerzahler zahlen.