Häufige Störungen im Nahverkehr müssen die Deutsche Bahn und den Hamburger Senat alarmieren. Es liegt etwas im Argen.

Wie gut eine Stadt als Ganzes funktioniert, entscheidet sich auch an ihren unscheinbarsten Orten: auf den Bahngleisen. Die Züge des Nahverkehrs müssen rollen, sonst steht mehr auf dem Spiel als die Nerven der Passagiere. Die Leistung von Wirtschaft und Verwaltung. Das Verkehrskonzept der Politik. Das ganz alltägliche Leben.

In Hamburg – das kann man noch immer sagen – funktionieren diese Dinge, schöne Grüße nach Berlin. Nur bekommen das Schienennetz und sein Ruf derzeit fast monatlich neue Risse.

Der neuerliche Vorfall sollte vor allem die Deutsche Bahn aufschrecken. Erst fällt im City-Tunnel, der erst kürzlich überholt wurde, plötzlich der Strom aus. Später brannte es in einem Transformator in Altona. Dass das alles nur furchtbares Pech ist, lässt sich nicht ausschließen – die Brandursache ist noch unklar. Der Vergleich mit der U-Bahn fällt aber kaum schmeichelhaft aus. Die S-Bahn, die zur Deutschen Bahn gehört, verspätet sich statistisch doppelt so häufig um mehr als drei Minuten. Und fährt sechsmal (!) so häufig gar nicht. Das ist mehr als ein Indiz, dass etwas im Argen liegt.

Bei der Bahn läuft einiges schief

Bislang wurde bei der Bahn aber nicht einmal damit begonnen, systematisch nach den Ursachen zu suchen. Warum die Züge ausfallen, wird nicht statistisch erfasst. Solche Daten nützten doch in akuten Notsituationen nichts, heißt es. So hangelt sich der Bundeskonzern von Vorfall zu Vorfall. Dabei könnte die Bahn mit einer genauen Analyse auch öffentlich greifbar machen, dass sie keineswegs allein die Schuld an den Ausfällen trägt: Sehr häufig sind es Personen auf den Gleisen, die für stundenlange Sperrungen und Frust der Fahrgäste sorgen.

Der Autor ist Redakteur der Lokalredaktion des Abendblatts
Der Autor ist Redakteur der Lokalredaktion des Abendblatts © HA | Klaus Bodig

Eine Aufarbeitung würde vermutlich aber auch zutage fördern, dass die Bahn mitunter ein starrer Koloss ist. Die technischen Systeme der S-Bahn sind zu denen anderer Großstädte oft nicht kompatibel, was einen Austausch erschwert. Neue Teile (etwa zusätzliche Weichen) zu bestellen kann eher Jahre als Wochen dauern. Wartung und Richtlinien werden noch immer in der Konzernzentrale abgesteckt. Die Kon­trolle durch ein Bundesamt erwies sich mehrfach als lückenhaft.

Dass alles hindert die Niederlassung der Deutschen Bahn in Hamburg daran, sich so zu entwickeln, wie es die Hamburger Hochbahn seit den 80er-Jahren vorgemacht hat: von einem pannenumwitterten Unternehmen zu einem modernen, wenn auch nicht perfekten Dienstleister.

Senat sollte Druck auf Bahn ausüben

Dem Senat eine Mitschuld an der gefühlten Häufung von Pannen zu geben wäre indes nicht fair. Rot wie Grün sind aber seltsam vorsichtig darin, möglichen Mängeln nachzugehen. Der FDP-Politiker Wieland Schinnenburg steht nach jedem neuerlichen Zwischenfall als einsamer Kritiker da, der Senat mischt sich öffentlich nicht weiter ein. Eine Haltung, die auch die betroffenen Passagiere alleinlässt.

Zumal es klug wäre, politischen Druck gegenüber der Deutschen Bahn auszuüben – auch über den Einfluss der SPD im Bund. Der Senat hat es selbst richtig erkannt: Als Metropole, in der Autos den Verkehrsmix beherrschen, hat die Hansestadt absehbar keine gute Zukunft mehr. Damit die Hamburger wie erhofft auf den Nahverkehr und ihre Fahrräder umsteigen, braucht es Anreize und Signale.

Das Signal, das von den wiederkehrenden Vorfällen ausgeht, ist ein fatal anderes: dass es bislang nicht gelingt, die Störanfälligkeit einzudämmen. Und man hinter dem Lenkrad im Zweifel noch am besten von A nach B kommt.