Nein, der G20-Gipfel wird keine großen Entschlüsse fassen. Und ja, er lohnt sich doch.

Stellen Sie sich einmal vor, Sie müssten sich mit 19 Nachbarn darüber einigen, wie Ihre Wohngegend künftig aussieht. Soll es einen neuen Spielplatz für die Kinder geben? Und wenn ja: Wer zahlt den? Braucht man wirklich so viele Parkplätze? Oder kann man zwei davon als Abstellfläche für die Papiertonnen nutzen? Und ist das Mähverbot am Sonntag noch zeit­gemäß? Das sind scheinbar einfache Fragen. Aber glauben Sie, dass Ihre Nachbarn darauf auch gemeinsame Antworten finden werden, hinter denen wirklich jeder Einzelne steht?

Unmöglich, sagen Sie? Sie haben recht. Und ahnen jetzt auch, warum man von dem übermorgen in Hamburg beginnenden Treffen der G20 nicht allzu viel erwarten darf. Wenn schon Nachbarn, ja selbst Freunde sich nur unter größten Anstrengungen auf Entscheidungen einigen können – wie, bitte schön, soll das Staats- und Regierungschefs gelingen, die nicht nachbar- und meist auch nicht freundschaftlich verbunden sind?

Dass es überhaupt Abschlusserklärungen bei G20-Gipfeln gibt, die alle Teilnehmer unterschreiben, ist eine Leistung. Dass sich daraus seit dem Jahr 2008 so etwas wie eine gemeinsame Strategie entwickelt hat, ist bemerkens- und lobenswert. Aber mehr kann man von Treffen dieser Größenordnung und Heterogenität auch nicht verlangen.

Dann schafft G20 doch ab, sagen Sie? Ja, das könnte man, vielleicht muss man es irgendwann auch, weil die Kosten und die Sicherheitsmaßnahmen nicht mehr darstellbar sind. Aber in einer Welt ohne G20 bräuchte man andere Formate, bei denen sich Staats- und Regierungschefs der großen und kleinen Länder treffen. Bei denen sie sich nicht nur als Politiker, sondern auch als Menschen kennenlernen. Und bei denen man sowohl über die Probleme der Welt spricht als auch einfach gemeinsam zu Abend isst.

Um im obigen Bild zu bleiben: Wir laden unsere Nachbarn doch auch hin und wieder auf ein Glas Wein ein, Stichwort: Beziehungspflege. Das schadet erstens nie und hilft zweitens, wenn man einmal Unterstützung braucht.

Es lohnt sich, G20 einmal aus genau diesem Blickwinkel zu betrachten und sich von übertriebenen Erwartungen zu verabschieden. Der kleinste gemeinsame Nenner ist dieser ebenso platte wie wahre Satz: Es ist immer besser, mit jemandem zu reden als über ihn. Wenn man sich danach auf gemeinsame Aktionen einigen kann, ist das wunderbar. Nur rechnen sollte man damit eben nicht, siehe oben.

Wir demokratischen Länder müssen die Welt besser und gerechter machen

Und ja, es stimmt: Angesichts der naturgegebenen Beschränktheit der G20-Ergebnisse ist der ganze Spaß ganz schön teuer. Aber kann man das den Politikern vorwerfen? Für sie würde es sich auch besser anfühlen, wenn sie nicht Tag und Nacht von Sicherheitsbeamten umgeben wären, wenn sie nicht hinter Mauern und Nato-Draht tagen müssten. Es ist schade, dass anderes im 21. Jahrhundert und in Deutschland nicht mehr möglich ist.

Bleibt die Frage, ob es den Gegnern von G20 wirklich um das Treffen an sich geht – das ja für Proteste eine gute Plattform bietet – oder eher um die Politik, die (einige) Staats- und Regierungschefs machen. Die Wahrheit ist: Wir demokratischen Länder müssen alles dafür tun, damit sich die Politik so ändert, dass diese Welt besser und gerecht wird. In diesem Sinne sollte sich die G20 irgendwann selbst überflüssig machen.

Aber das dauert noch.