Eine Kita auf dem Ohlsdorfer Friedhof ist eine gute und mutige Idee. Trauernde Menschen brauchen keine traurigen Orte.

Trauernde Menschen brauchen keine traurigen Orte. Diesen Satz hat sich ein Bestattungsunternehmen, das in Bergisch Gladbach einen privaten Friedhof betreibt, zu Herzen genommen. Auf dem Grundstück gibt es seit gut zweieinhalb Jahren einen Waldkindergarten. Die Kleinen spielen neben den Gräbern und auf den Wiesen der Urnenhaine, sie toben auch mal laut herum und treffen dabei auf Friedhofsbesucher. Bisher, so heißt es, sind alle glücklich damit. Die Kinder, die ohnehin unbefangen mit dem Thema Tod umgehen, die Angehörigen, die sich im wahrsten Sinne des Wortes über die Belebung freuen, und die Stadt, die ohnehin um jeden Kita-Platz froh ist.

Nun ist der Friedhof Ohlsdorf keine privat betriebene Anlage, bei der die Angehörigen im Zweifel ihre Zustimmung zu einer Kita auf dem Gelände geben könnten. Doch der Plan von Friedhofsverwaltung und Bezirk, in der nicht mehr genutzten Kapelle 6 im Norden des riesigen Geländes Kinder betreuen zu lassen, ist dennoch eine gute und mutige Idee. Und es ist zu hoffen, dass sich bald ein Träger findet, der das genauso sieht. Der Bedarf an Kita-Plätzen ist schließlich auch in Hamburg groß genug.

Denn dass man neue Ideen braucht, um die Anlage angesichts sinkender Begräbniszahlen, stark zunehmender Urnenbestattungen und des abnehmenden Interesses an größeren Trauerfeiern dauerhaft zu erhalten, ist klar. Naturwiesenhaine und Ausstellungen mit Klanginstallationen können dabei nicht die einzige Rettung sein. Im Gegensatz zu einer Umgestaltung einer Kapelle als Seminarraum oder als Café ist die Einrichtung einer Kita eine wirklich charmante Idee. Was kann es Tröstenderes geben als Kinderlachen?

Friedhof muss kein deprimierender Ort sein

Natürlich sollte es nicht so sein, dass lärmende Kinderhorden Beisetzungen stürmen oder die Beete auf den Gräbern zu Sandkisten werden. Auf einem knapp 400 Hektar großen Gelände sollte es aber möglich sein, diese Pietät zu wahren.

Die Autorin ist stellvertretende Leiterin des Hamburg-Ressorts
Die Autorin ist stellvertretende Leiterin des Hamburg-Ressorts © Massimo Rodari

Ein Friedhof ist ein Ort der Trauer, der Besinnung – aber er muss kein deprimierender Ort sein. Die Ohlsdorfer Parkanlage mit ihren dunklen Laub- und Nadelgehölzen und den asphaltierten Straßen kann jedoch ganz schön bedrückend wirken. Auch ich kenne Hamburger, die ihre Angehörigen lieber auf einem anderen Friedhof bestattet haben, weil er ihnen freundlicher erschien. Ob eine benachbarte Kita sie umgestimmt hätte, weiß ich nicht. Aber sie hätte sich auf jeden Fall nicht negativ auf ihre Entscheidung ausgewirkt.

Die Lebenden sollen sich nicht überwinden müssen, zu ihren verstorbenen Angehörigen zu kommen. Kinder können einen Ort schöner machen – und es mag dem einen oder anderen womöglich helfen, seine Trauer zu überwinden, wenn er auf diese Weise wieder Leben um sich hat. Auch in Bremen beispielsweise gibt es eine Kita unmittelbar neben einem Friedhof, die Kinder haben dort Obstbäume gepflanzt, von denen sich Besucher bedienen können. Nicht nur die Angehörigen kommen gerne dorthin.

Doch was ist eigentlich mit den Kindern? Ist es makaber, sie neben Toten spielen zu lassen? Hier bietet sich ein Blick zur Kita Alsterpalais der Flachsland Zukunftsschulen in unmittelbarer Nähe des Friedhofs Ohlsdorf an. Dort werden seit 2009 Kinder betreut – in einem ehemaligen Krematorium. Sie, so heißt es vom Betreiber, gehen mit dem Thema Tod vollkommen unbefangen um. Und denken ohnehin nicht ständig darüber nach, wo sie gerade spielen.