Der HSV könnte sich dank der Play-offs erneut in der Liga halten. Und der nächste Zweitligist daran zerbrechen.

Auf der Homepage des Büdelsdorfer TSV steht es blau auf weiß. „Der HSV kommt am 21. Mai 2017 und trifft um 15 Uhr auf den BTSV.“ Der echte HSV? Ja, der echte HSV. Am 21. Mai? Ja, am 21. Mai. Der Verbandsligist aus dem Kreis Rendsburg-Eckernförde hat vor einigen Wochen mit dem Bundesligisten ein Freundschaftsspiel vereinbart, das an diesem Sonntag stattfinden soll. An diesem Sonntag? Ja, an diesem Sonntag. Einen Tag nach dem letzten Bundesligaspiel des HSV gegen Wolfsburg. Sozusagen als lockerer Saisonausklang.

Der Haken an der Geschichte: Das Spiel wird nie stattfinden, „aus organisatorischen Gründen“, wie die Hamburger bereits Anfang der Woche mitteilten. Müsste der HSV den Gang in die Relegation antreten, würden auch die Freundschaftsspiele beim TSV Büsum (24. Mai) und beim MTV Leck (25. Mai) ausfallen. So werden morgen nicht nur im Volksparkstadion sämtliche Daumen der HSV-Fans gedrückt, sondern auch in den Gaststätten der beiden Amateurclubs aus Schleswig-Holstein.

Warum diese Randgeschichte erwähnenswert ist? Weil sie im Kleinen zeigt, was im Großen alles dranhängt an der „Rückkehr eines Spannungsfaktors“, wie der damalige DFL-Geschäftsführer Holger Hieronymus die Wiedereinführung der Relegation im Jahr 2009 nannte. Eine Formulierung, die man für die beiden Entscheidungsspiele zwischen dem 16. der Bundesliga und dem Dritten der Zweiten Liga durchaus wählen kann. Treffender sind allerdings die Worte, die unmittelbar Beteiligte ausgesprochen haben.

„Die Relegation ist ein Albtraum“, sagte beispielsweise am Mittwoch Heribert Bruchhagen. Der Vorstandschef des HSV sagt das, obwohl er vor einem Jahr mit Eintracht Frankfurt die Klasse nur dank der Relegation halten konnte. Und sich die Geschichte mit dem HSV wiederholen könnte. Doch Bruchhagen hat erlebt, wie groß die Belastungsprobe für das eigene Nervensystem sein kann. Wie die Spieler den größtmöglichen Druck kaum aushalten.

Noch treffender als Bruchhagen drückt es André Breitenreiter aus: Der Trainer vom Zweitligisten Hannover 96 bezeichnet die Relegation schlicht als „unfair“. Genau wie Braunschweigs Coach Torsten Lieberknecht. Beide kommen als möglicher Gegner des HSV infrage, sollten die Hamburger gegen Wolfsburg nicht gewinnen. Eine vertretbare Ansicht, schließlich sind die Zweitligisten in der Relegation naturgemäß im Nachteil.

Anders müsste es also der HSV sehen, der ohne die Relegation schon abgestiegen wäre und sie in diesem Jahr möglicherweise zum dritten Mal als letzten Rettungsanker benötigt. Doch was sagt Hamburgs Sportchef Jens Todt? „Ich würde die Relegation abschaffen.“ Sagt der Sportchef des HSV? Ja, sagt der Sportchef des HSV.

Todt hat vor zwei Jahren erlebt, welch weitreichende Folgen eine verlorene Relegation für den Zweitligisten haben kann. Mit dem Karlsruher SC stand er unmittelbar vor dem verdienten Aufstieg in die Bundesliga. Doch ein berühmter Freistoßpfiff und ein noch berühmteres Freistoßtor des HSV ließen beim KSC alles einstürzen. Die Mannschaft brach auseinander, und der Club brauchte lange, um sich von dem Trauma zu erholen. Zu lange, wie sich jetzt zeigte. Karlsruhe ist zwei Jahre nach der verlorenen Relegation sang- und klanglos in die Dritte Liga abgestiegen und wird Jahre brauchen, um der Rückkehr in die Bundesliga noch einmal so nah zu kommen.

Doch nicht nur die Zweitligisten fürchten sich vor der Relegation. Hört man sich in der Fanszene des HSV um, gibt es kaum ein größeres Angstszenario als das R-Wort. Nicht wenige Anhänger sagen sogar: „Dann lieber direkt absteigen.“ Selbst Super-Relegator Dennis Diekmeier, der auf seine fünfte Relegation zusteuert und bislang alle Duelle mit Nürnberg und dem HSV erfolgreich beendete, flehte mehrfach: „Ich will das nie wieder erleben.“

Liebe DFL, tut Dennis Diekmeier, Jens Todt, Torsten Lieberknecht und dem Büdelsdorfer TSV den Gefallen und schafft die Relegation einfach wieder ab. Für immer? Ja, für immer.