Morddrohung nicht weitergegeben: Das Versagen muss Konsequenzen haben. Steffens Behörde ist ein echter Quotenbringer.
Dass ein Gewalttäter, ein Frauenschläger und verurteilter Mörder eine selbst gebastelte Waffe in den Gerichtssaal schmuggeln konnte, ist für sich betrachtet schon ein Skandal. Dass man in der Untersuchungshaftanstalt aber offenbar wusste, was der Mann plante, nämlich die Zeugin – seine Ex-Freundin – während der Verhandlung zu attackieren, wirft ganz neue Fragen auf. Wer hat warum die Hinweise nicht weitergeleitet? Warum galt für den Mann nicht die höchste Sicherheitsstufe, obgleich bereits im Oktober bekannt geworden war, dass er seine Ex-Freundin töten wollte?
Ebenso naheliegend wie falsch wäre es, dieses Versagen auf die Personalnot im Vollzug zu schieben. Dort fehlen rund 80 Mitarbeiter. Doch selbst bei extremer Unterbesetzung hätten bei allen Justizbeamten ob des Hintergrunds des Täters sämtliche Alarmglocken schrillen müssen. Der ganze Fall ist nicht bloß eine Panne, sondern ein komplettes Desaster. Es ist erschütternd, wie hier offensichtlich geschlampt wurde.
Steffen abermals in der Kritik
Wer die Schuld trägt, muss ermittelt werden. Aber es fällt auf, dass der Vollzugs- und Justizapparat, verantwortet von Till Steffen (Grüne), praktisch ständig wegen irgendwelcher Pannen oder Versäumnisse in der Kritik steht. Da ist der sicherungsverwahrte Kinderschänder, der auf freien Fuß kam, weil ihm trotz gerichtlicher Anordnung keine externe Therapie ermöglicht wurde. Oder der Skandal um die Facebook-Fahndung – um Beispiele zu nennen.
Die Freude der Opposition könnte daher kaum größer sein: Steffens Behörde ist ein echter Quotenbringer. Und nun? Muss wieder einmal erforscht werden, wie es zu dem Desaster kommen konnte. Sollte hier ein Organisationsversagen vorliegen, könnten sich die personellen Konsequenzen auch auf die Behördenspitze erstrecken.