Einsatzkonzept zu Silvester war richtig – und ein Vorgeschmack auf 2017
Es ging diesmal um mehr als bloße Strategie – auch um mehr als diese Silversternacht. Die Hamburger Polizei hat die sexuellen Übergriffe des Vorjahres kaum verwunden, sie haben Kratzer im Selbstbild hinterlassen. Die „Freunde und Helfer“ waren damals machtlos. In der massiven Absicherung dieses Jahreswechsels lässt sich nun ablesen: An wie viel des Ausnahmezustands wir uns bei öffentlichen Feiern gewöhnen müssen – und welche Probleme auf die Beamten zukommen.
Am Jungfernstieg braute sich Stunden vor dem Jahreswechsel eine gefährliche Stimmung auf. Viele Männergruppen, wütende Blicke, das Feuern von Böllern und Raketen in alle Richtungen, als unten am Alsterufer auch noch Kinder saßen. Das Publikum bestand fast ausschließlich aus Migranten, darunter viele Flüchtlinge.
Die Mehrheit von ihnen blieb friedlich. Aber das Benehmen einiger – und noch mehr die mindestens 14 sexuellen Übergriffe auf Frauen auf St. Pauli bis zum Neujahrsmorgen – zeigen, wie groß die Aufgaben bleiben. Einigen neuen Hamburgern fehlt weiterhin der Halt, jeder Hauch von Integration. Insgesamt geschieht noch zu wenig, um Frauen vor schändlichen Übergriffen durch deutsche und ausländische Männer zu schützen.
Mit dem Einsatz ihrer Hundertschaften hat die Polizei die Lage zu Silvester beruhigt. Die Strategie war richtig, weil sie Augenmaß bewahrte. Die Polizei agierte mit einer Mischung aus Zivilfahndern und gut sichtbaren Ansprechpartnern für mögliche Opfer, statt nur die geballte Staatsmacht aufmarschieren zu lassen. Und die Beamten steuerten den Zugang zur Großen Freiheit, statt wie die Kölner Polizei einfach massenhaft südländische Männer zu kontrollieren. Das „Racial Profiling“ ist Gift für die Gesellschaft, da es Vorurteile schürt und die Mehrheit der anständigen Migranten in eine abseitige Rolle drängt. Zu einer ehrlichen Debatte gehört aber, bestimmte Tätergruppen zu benennen.
Es ist zu hören, dass das Konzept aus dieser Silvesternacht vermutlich eine Blaupause für die kommenden Jahre sein wird. Massen von Polizisten in Leuchtwesten und Mannschaftswagen vor der Großen Freiheit werden ein Teil des Rituals werden, wie die Betonpoller vor Weihnachtsmärkten, wie die Bewaffnung von Flughafenpolizisten mit Maschinenpistolen. Der Spagat für die Einsatzführer der Polizei wird noch stärker darin bestehen, das öffentliche Leben nicht stärker als nötig einzuschränken. Immer weiter aufzurüsten zeigt nicht nur Stärke des Staates, sondern auch eine Verunsicherung.
Mit dem Großeinsatz hat ein Jahr begonnen, das noch intensiver werden wird als 2016. Da ist der G20-Gipfel im Sommer, der vermutlich schon bei den jährlichen Protesten zum 1. Mai lange Schatten vorauswerfen wird. Da ist die Terrorgefahr, die eher noch zunehmen könnte. Da sind die Überstunden der Polizisten, die sich zu Fantasiezahlen aufsummieren. Es gilt hauszuhalten. Die Führung darf die Beamten nicht bis zur Erschöpfungsgrenze belasten.
„Einige Kollegen würden gern ihre Frau wiedersehen“, sagte am Silvesterabend ein Polizist. Der Senat hat seinen Einsatzleuten zuletzt auch vor dem Hintergrund der beiden internationalen Gipfel ein Anti-Terror-Paket mit neuer Ausrüstung beschert – aber noch nicht so viele neue Polizisten eingestellt, wie es nötig wäre. Hier liegt ein sinnvoller Vorsatz für 2017. Sodass die Einsatzkräfte ruhig für Sicherheit sorgen können. Und die Bürger hoffentlich ungestört feiern.