Sie waren wirklich nicht zu beneiden in diesem Jahr, die Macher des Herrentennisturniers am Rothenbaum. 14 kurzfristige Absagen von zunächst gemeldeten Topspielern mussten sie verkraften, dazu ein Hamburger Wetter, das nur entfernt an die angebliche Jahreszeit erinnerte. Umso erstaun­licher, dass für das größte Ärgernis der Woche der Sportdirektor des Deutschen Tennis-Bunds sorgte. Man müsse es Alexander Zverev hoch anrechnen, hatte Klaus Eberhard nach dem traurigen Erst­rundenaus des größten deutschen Hoffnungsträgers in Einzel und Doppel gesagt, dass er überhaupt bei seinem Heimturnier angetreten sei. Immerhin würden alle anderen Topspieler nach der anstrengenden Rasensaison erst einmal Urlaub machen.

Es spricht ein Selbstverständnis aus einer solchen Aussage, das auf einen gefährlichen Trend hinweist. Der von vielen Experten als kommender Grand-Slam-Sieger gehypte Zverev hat leider ein Umfeld, das ihn zu sehr bauchpinselt. Wie soll ein 19-Jähriger lernen, Achtung vor Turnierveranstaltern, vor allem aber vor den Menschen zu haben, die Geld bezahlen, um ihn spielen zu sehen, wenn sein lustloses Gehabe auf dem Platz und abseits desselben von hoher Stelle dann noch gelobt wird?

Scharfe Stich-Kritik an Zverev

Zverev hat von Turnierdirektor Michael Stich 2013, als er als 16-Jähriger erstmals in seiner Geburtsstadt aufschlagen durfte, einen gehörigen Vertrauensvorschuss erhalten. Die Garantie, am Rothenbaum bis einschließlich 2018 eine Wildcard – das Freiticket ins Hauptfeld – zu bekommen, hat zu seinem Aufstieg beigetragen. Wer auf der ganzen Linie ein Profi sein will, sollte solche Gesten mit Dankbarkeit und Leistung zurückzahlen. Ein Turnier braucht Zugpferde, auf die es sich verlassen kann, um selbst verlässlich zu sein.