Die Kriminalität ist laut Statistik relativ stabil. Aber das Gefühl in Hamburg ist ein anderes.

Die Herren traten selbstbewusst auf, auch deshalb blieb ein Beigeschmack. Bei der Präsentation der neuen Kriminalstatistik sahen Innensenator und Polizeipräsident das Gute in den Zahlen: Die Sicherheitslage sei „stabil“, bei Problemfeldern zarte Besserung in Reichweite. Nur passt diese Zuversicht nicht recht zur Stimmung in der Stadt, nicht zu einem überlasteten Polizeiapparat und nicht zur nervösen Unruhe nach einer Silvesternacht, die in Hamburg vieles verändert hat.

Im Gegenteil geben einige Zahlen größeren Grund zur Sorge. Von hohem Niveau stieg die Zahl der Einbrüche in Hamburg noch einmal um 20 Prozent an. Mehr als 20.000-mal wurden Passanten bestohlen, trotz einer Großoffensive mit Zivilfahndern geschahen die Taten überwiegend in der Innenstadt. Alle 33 Minuten verschwindet statistisch in Hamburg ein Fahrrad. Und auch bei den Schwerstdelikten gab es einen kurzfristigen Anstieg: 17 Morde und 59 Drogentote im vergangenen Jahr sind traurige Höhepunkte der Statistik.

Die Polizei kann im Gegenzug auf weniger Körperverletzungen und Sexualdelikte verweisen. Ihr größtes Pfund liegt aber an anderer Stelle: Erst jüngst hat die Führung bewiesen, die Probleme erfolgreich angehen zu können. Trotz zunächst minimaler Spuren und maximaler öffentlicher Beachtung bringt die Ermittlungsgruppe Silvester derzeit im Wochentakt weitere Tatverdächtige aus dem abscheulichen Silvesterpulk vor den Haftrichter. Wie die Soko „Rocker“ das Rotlichtmilieu mit Razzien überzog und die Mongols in einem Wimpernschlag nahezu aus der Stadt trieb, war nicht nur die nötige Reaktion auf eskalierende Gewalt – in erster Linie war es hervorragende Polizeiarbeit. Auch die Arbeit der Soko „Castle“ ist ein Ausweis an absoluter Professionalität, die bereits Fahndungserfolge hervorbringt. Hier kann Politik und Polizeiführung für das nächste Jahr davon ausgehen, dass sich auch die Statistik bessert. Es wurde richtig erkannt, dass das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung maßgeblich durch den Schutz vor Eindringlingen in die eigenen vier Wände definiert wird.

In anderen Bereichen kündigen sich wachsende Probleme dagegen erst an und fordern eine Reaktion. Der Anteil der ausländischen Tatverdächtigen steigt weiter an; innerhalb eines Jahres wurden etwa bis zu 30 Prozent mehr Jugendliche und junge Erwachsene aus dem Ausland einer Straftat beschuldigt. Daraus auch eine allgemein erhöhte Kriminalität durch die Masse an Flüchtlingen herzuleiten wäre mit Blick auf die Machart der Statistik unredlich. Seriöse Aussagen hierüber lassen sich voraussichtlich erst nach der Statistik für das laufende Jahr treffen. Fest steht aber: Die Polizei hat es auch mit einer wachsenden Zahl von jungen Straftätern zu tun, die mit herkömmlicher Präventionsarbeit oft nicht zu erreichen sind.

Auch die Zahl der politisch motivierten Straftaten könnte absehbar weiter steigen, der unterschwellige Hass in der Flüchtlingskrise findet nicht länger nur in den Kommentarspalten im Internet eine Bühne. Beim Thema Flüchtlinge ist die Polizei als Schützer und Schlichter ohnehin stark gefordert: Im vergangenen Jahr mussten die Beamten mehr als 2000-mal zu den Unterkünften ausrücken.

Dabei rumort es nicht erst seit Jahresbeginn in den Personalräten und Hundertschaften der Polizei. Die Zahl der Überstunden nähert sich der nächsten Marke von 1,5 Millionen. Kommt die Politik dem Flehen der Gewerkschaften um mehr Personal nicht nach, wird sich auch das Sicherheitsgefühl kaum bessern. Die Beamten nur zu loben und die Lage stabil zu halten ist angesichts der Herausforderungen am Horizont nicht genug.