Das Nein zu Olympia, der Rückzug der HSV-Handballer, das drohende Aus des VT Aurubis – darf sich Hamburg noch Sportstadt nennen?

Der Zufall ist schon bemerkenswert: Da spielen die deutschen Handballer bei der Europameisterschaft in Polen so erfolgreich und erfrischend wie seit Jahren nicht mehr, betreiben vor einem Millionenpublikum Werbung für ihren Sport. Und gleichzeitig wird eines der ambitioniertesten Handballprojekte des Landes zu Grabe getragen. Ein paar Pokale nur, viel mehr ist nicht geblieben von der goldenen Ära des HSV Hamburg. Sie immerhin fließen nicht in die Insolvenzmasse der Betriebsgesellschaft ein. Die Bundesligamannschaft aber ist nun Geschichte, versunken in einem selbst ausgehobenen Millionenloch, das niemand mehr zu stopfen bereit war.

Es sind schwierige Zeiten für die Sportstadt Hamburg. Erst das Aus für Olympische Spiele, nun das Aus für den früheren deutschen Meister und Champions-League-Sieger. Am Saisonende dürfte auch beim Volleyball-Team Aurubis nach fast 20 Jahren Frauen-Bundesliga das Rampenlicht ausgehen. Darf man sich da noch Sportstadt nennen? Man darf.

Wenn man Hamburg eines nicht vorwerfen sollte, dann ist es fehlender Sportsgeist. Etwa jeder dritte Einwohner ist Mitglied in einem Verein. Hinzu kommen die 150.000 Menschen, die sich in kommerziellen Fitnessstudios in Form bringen. Keine andere Großstadt in Deutschland bringt so viele Menschen in Bewegung.

Schon deshalb täte man den Bürgern unrecht, würde man ihre Absage an Olympia als Ohrfeige an die Athleten dieser Stadt interpretieren. Das Votum war kein Nein zum olympischen Sport, auch wenn es manchen Lebenstraum zerstört haben mag. Es war ein Nein zu einem Ereignis, das in der jüngeren Vergangenheit wenig Rücksicht genommen hat auf die Interessen der Bürger und die Stadt dadurch in Jubler und Zweifler gespalten hat. Wobei der Riss quer durch alle gesellschaftlichen Schichten, alle Stadtteile, quer sogar durch die Mitgliedschaft der 817 Sportvereine ging.

Manche derer, die die Risiken der Spiele höher bewertet haben als die Chancen, werden im April trotzdem beim Marathon die Straßen säumen werden Hallen und Stadien aufsuchen, um Sport hautnah zu erleben. Und sie werden mitfiebern, wenn in Rio olympische Medaillen vergeben werden. Das mag man nun inkonsequent finden. Aber es zeigt doch, dass mit dem olympischen Feuer nicht auch die Sportbegeisterung erloschen ist.

Das Schicksal der HSV-Handballer ist dafür eher Beleg als Widerspruch. Obwohl dieser Club – wohlgemerkt nicht die Mannschaft – seit dem Champions-League-Sieg 2013 alles, aber auch wirklich alles dafür getan hat, sich Sympathien zu verscherzen und Vertrauen zu verspielen, kamen noch Ende Dezember mehr als 10.000 Zuschauer zu einem Bundesligaspiel, von dem man inzwischen weiß, dass es das letzte war. Ein solches Treuebekenntnis müssen andere Städte erst einmal auf die Beine stellen.

Gescheitert ist der Profihandball in Hamburg sicher nicht an fehlender Unterstützung, auch nicht aus der Wirtschaft; er scheiterte an der fehlenden Bereitschaft eines Mäzens, diese auch anzunehmen. Oder, wie es der kürzlich aus dem Amt geschiedene Sportsenator Michael Neumann formuliert hat: „Das kommt davon, wenn man keinen strategischen Partner hat, nur einen unsteten Liebhaber.“

Durch Neumanns Rücktritt hat der Sport in Hamburg einen wichtigen politischen Fürsprecher verloren. Auch das sollte kein Anlass zur Verzagtheit sein. Eine Lehre, die aus dem Scheitern der Handballer zu ziehen wäre, ist diese: Wer Profisport anbieten will, braucht ein professionelles Management und einen klaren Plan. Alle anderen Voraussetzungen bringt die Stadt mit: eine starke Wirtschaft, hochwertige Sportstätten und eben ein leicht entflammbares Publikum.

Die Olympiabewerbung hat gezeigt, was der Sport in Hamburg bewegen kann. Diese Kraft gilt es zu nutzen, auch und gerade ohne die Perspektive von Spielen in der Stadt.