Ringen um die Ringe: Hamburgs gelungenes Spektakel im Stadtpark lässt für die Olympischen Spiele hoffen.
Das war schon mal ein kleiner Vorgeschmack auf das, was sich viele Hamburger in neun Jahren für ihre Stadt erhoffen: Olympische und Paralympische Spiele, bei denen Sportler und Besucher aus aller Welt an die Elbe strömen, um hier ein friedliches Fest der Nationen zu feiern. Im Stadtpark veranstalteten am Sonntag Tausende Olympiabefürworter ein buntes und fröhliches Spektakel.
Olympia hat auch immer etwas mit der Jagd nach Rekorden zu tun. Auf der großen Festwiese stellten am Sonntag 6211 Teilnehmer einen neuen Weltrekord – und sich selbst als menschliche Ringe in fünf Farben im Kreis auf. Bei Sonnenschein entstanden beeindruckende Bilder, die in Windeseile um die Welt gingen. Die Botschaft: Ja, wir freuen uns auf das größte Sportfest auf dem Globus und können es kaum erwarten, die Gäste zu begrüßen.
Olympia ist ohne Gigantismus nicht darstellbar. Und auch davon gab es am Sonntag einen Vorgeschmack. Mit gewaltigem technischen Aufwand – Hubschrauber, Drohnen, fünf riesige Videoleinwände und eine Kamera in 72 Meter Höhe – haben die Miniatur-Wunderland-Macher Frederik und Gerrit Braun das hanseatische Happening in Szene gesetzt. Die Hauptdarsteller aber waren viele Familien mit ihren Kindern.
Tausende bei Olympia-Aktion im Stadtpark
Wer genau hinschaute, wird auch rund 50 Olympiagegner entdeckt haben. Sie entrollten ihre Spruchbänder, wollten sich aber sonst nicht über Mikrofon und Kamera zu ihrer Position äußern. Dass sie trotzdem ins Bild konnten, ist neu: Denn mit demokratischen Prozessen verbindet man Olympische Spiele bisher eher nicht.
Manchmal hilft ein Blick zurück: Als die Olympischen Spiele 1988 in Seoul stattgefunden haben, war Südkorea gerade erst auf dem schwierigen Weg zu einer Demokratie. Erst ein Jahr zuvor war der Präsident, Ex-General Roh Tae-woo, erstmals wieder vom Volk gewählt worden. Seine Amtszeit wurde auf fünf Jahre begrenzt. Die Spiele sorgten im Land für viele Reformen, wirtschaftlichen Aufschwung und neue diplomatische Beziehungen mit zahlreichen Ostblockstaaten.
An ein Referendum aber, um die Meinung der südkoreanischen Bevölkerung zu den Spielen einzuholen, hätten die Machthaber in Seoul vor rund 30 Jahren wohl nicht im Traum gedacht.
Gerrit Braun, der am Sonntag zusammen mit seinem Zwillingsbruder und Hunderten von Helfern die Stadtparkwiese in ein kleines Wunderland verwandelt hat, sagte, dass er im Grunde auch kein Freund des Olympiareferendums sei. Was ihn daran störe, sei die Reduzierung auf eine „Ja/nein-Kultur“. Man soll also entweder dafür oder dagegen sein.
So einfach aber ist es in einer funktionierenden Demokratie nie. Auch das Ringen um die Ringe bedeutet vor allem Diskussion und Dialog. Sich andere Meinungen anhören, seine eigenen Argumente überdenken. Sich einmischen, um die Zukunft mitzugestalten. Dafür gab es am Sonntag im Stadtpark im Anschluss an die Veranstaltung immerhin ein paar Beispiele. In kleinen Grüppchen standen einige Befürworter und einige junge Olympiagegner noch länger beisammen und stritten über Kosten und Stadtentwicklung, Inklusion und IOC-Verträge. Und über Gewinner und Verlierer von Olympischen Spielen.
Langfristig haben die Spiele den Menschen in Seoul sicherlich eher geholfen. Kurzfristig aber wurden viele damals ungefragt umgesiedelt und vertrieben. Ganze Wohnsiedlungen wurden plattgemacht, weil sie olympischen Sportstätten oder Athletendörfern weichen mussten. Das ist in Hamburg anders. Hier soll durch Olympia erst ein neuer Stadtteil entstehen.